BARF Mythos #5: BARF ist zu kompliziert und zu zeitaufwendig

BARF Mythen kompliziert

Beim Thema Hundefütterung scheiden sich die Geister. Jeder Hersteller ist der Meinung, das beste Futter zu produzieren und jeder Berater ist sich sicher, das beste Konzept zu empfehlen. Dabei gerät immer wieder das Thema BARF in die Kritik. Es gibt eine Reihe von Mythen um diese Ernährungsform, die jedoch meist in das Reich der Märchen und Sagen gehören, aber dennoch oft von Kritikern aufgeführt werden. Gehen wir den Vorurteilen doch mal auf den Grund und schauen sie uns etwas genauer an. Denn meistens sind sie wirklich frei erfunden und verunsichern Tierhalter nur sinnlos…

BARF Mythos #6: BARF sei viel zu kompliziert, denn kein normaler Mensch ist in der Lage, einen Futterplan für seinen Hund ohne die Hilfe eines Tierarztes zu erstellen. Man muss schließlich alle Bedarfswerte auswendig lernen und komplizierte Berechnungen anstellen. Außerdem ist BARF viel zu zeitaufwendig, da man jede einzelne Zutat abwiegen muss.

Dies ist ein Vorurteil gegenüber BARF, was sich leider auch sehr hartnäckig hält. Aber stimmt das? Muss man Veterinärmedizin studiert haben, um in der Lage zu sein, das Hundefutter selbst zuzubereiten?

Man sollte sich in diesem Punkt fragen, wie Hunde gefüttert wurden, bevor es Fertigfutter gab und wie Hunde in Gegenden überleben, in denen es noch heute kein Fertigfutter gibt. Wie um Himmels Willen fütter(te)n diese Leute ihre Hunde?

Nun werden Kritiker gleich wieder aufschreien, dass diese Menschen halt sehr viel falsch mach(t)en bei der Fütterung und dass die Lebenserwartung der Hunde durch die Einführung von Fertigfutter schließlich gestiegen sei, weil nun die Nahrung „zu jeder Mahlzeit im optimalen Verhältnis“ vorliegt. Nun, das stimmt leider nicht wirklich. Der älteste bekannte Hund wurde 29 Jahre alt und bekam nie Trockenfutter zu Gesicht. Er starb 1939 – damals gab es noch gar kein Fertigfutter. Auch der zweitälteste Hund der Welt bekam kein Fertigfutter.[1] Aber auch eine aktuelle Studie zeigt, dass die Lebenserwartung von Hunden wesentlich höher – im Schnitt um 3 Jahre (!) verlängert – ist, wenn ein Hund nicht mit industriellem Futter, sondern ausschließlich mit einer selbst erstellten Ration ernährt wird.[2] So falsch und schwer kann es also offenbar gar nicht sein, das Futter für den geliebten Vierbeiner selbst zu erstellen…

Die Futterration für einen Hund selbst zu erstellen, ist nicht kompliziert. Unsere Vorfahren haben es auch geschafft. Natürlich kann man nicht einfach Gehacktes in den Napf geben und denken, der Hund sei damit gut ernährt. Aber wenn man sich an ein paar grundlegende Dinge hält und den Hund abwechslungsreich ernährt, dann kann man gar nichts falsch machen.

Dieses Grundlagenwissen muss man sich aber unbedingt aneignen! Dazu ist es nicht notwendig, ein kompliziertes, wissenschaftliches Buch zu lesen. Ich empfehle dafür entweder mein Buch oder aber das insgesamt 78-Seiten umfassende Büchlein von Swanie Simon. Hat man das gelesen, ist man sehr gut gewappnet und muss keine Angst haben, Fehler zu machen.

Die Grundlagen – unkompliziert & kurz erklärt

Ein Hund ist kein reiner Fleischfresser, er ist ein Beutefresser. Daher macht es keinen Sinn, ihn ausschließlich von Tartar zu ernähren. Um eine sinnvolle Aufteilung der Zutaten vorzunehmen, muss man keine komplizierte Berechnung vornehmen. Man orientiert sich einfach an einem möglichen Beutetier, z. B. an einem Hasen oder einem Schaf. Ein Beutetier besteht ja nicht nur aus Muskelfleisch, es hat auch Knochen, Innereien, Fell usw. In all diese Bestandteilen stecken verschiedene, wichtige Nährstoffe. Ohne jetzt vertiefend darauf einzugehen, sollte die Ration eines gesunden Hundes ungefähr folgendermaßen aufgeteilt sein:

Die Ration sollte zu 70–80 % aus tierischen Zutaten bestehen. Die restlichen 20–30 % des Futters bilden pflanzliche Inhaltsstoffe – denn frei lebende Hunde fressen auch den Kot von Pflanzenfressern bzw. das Fell des Beutetiers – mit den Faserstoffen versucht macht, diesen Umstand nachzuahmen, außerdem liefern sie wichtige Nährstoffe und im Fall von Getreide auch Energie.

Der Anteil der tierischen Inhaltsstoffe sollte auch sinnvoll aufgeteilt werden: ca. 50 % durchwachsenes Muskelfleisch, 20 % Pansen/Blättermagen, 15 % Innereien und 15 % Rohe, fleischige Knochen (½ Knochen, ½ Fleisch). Warum ist das so? Ganz einfach: Ein Beutetier besteht zu 5–13 % aus reinen Knochen. Bei großen Tieren (eher hoher Knochenanteil), könnte ein Hund nicht alle Knochen fressen, bei kleinen Tieren (eher niedriger Knochenanteil) schon. Daher geht man von einem Mittelwert aus.

Ebenso verhält es sich mit den anderen Komponenten – sowohl Innereien als auch Muskelfleisch liegen nun einmal in einem gewissen Anteil ganz natürlich im Beutetier vor. Orientiert man sich daran, ist das Verhältnis optimal, da ein Hund in der Natur auch keine andere Kombination (wie etwa Unmengen an Innereien oder Knochen) vorfinden würde.

Nun muss man nur noch darauf achten, nicht immer die selben Zutaten zu verfüttern, sondern bei Fleischsorten, Innereien, Knochen und Gemüse auf Abwechslung zu achten. Da man keine ganzen Beutetiere füttern kann, ergänzt man das Futter mit einigen Zusätzen z. B. einem hochwertigen Öl, Lebertran, rohen Eiern und Seealgen. Das war´s schon. Klingt immer noch zu kompliziert? Hier gibt es eine kleine Rechenhilfe, mit der man die Ration komplett berechnen lassen kann.

Komplizierter wird es eigentlich nur, wenn der Hund krank ist und man z. B. im Rahmen einer Nierendiät oder weil der Hund allergisch auf gewisse Futtermittel reagiert, auf spezielle Anforderungen achten muss. Aber bei derartigen Spezialfällen kommt aber auch kein Fertigfutter in Frage…

Ist diese Ration denn bedarfsdeckend?

Ich habe mir mal die Mühe gemacht und habe eine so erstellte Ration im Hinblick auf Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und Aminosäuregehalt nach den Bedarfswertangaben des NRC zu überprüfen. Und? Überraschung: alle Nährstoffe liegen bedarfsgerecht vor! Also weder eine Unter- noch eine Überdeckung. Ganz ohne tägliches Abwiegen, nachrechnen und auch ganz ohne veterinärmedizinisches Studium. Ergebnis: Unterdeckung einiger Mineralien, massive Überdeckung bei einigen Nährstoffen.

Am Anfang ist man natürlich noch unsicher. Ständig ist man in Sorge, Fehler zu machen und man ist versucht, alles abzuwiegen, auszurechnen und zu hinterfragen. Aber mit der Zeit stellt sich eine gewisse Routine ein und man hat irgendwann ganz gut im Blick, wie viel ungefähr 300 g Muskelfleisch sind. Ich kann mittlerweile sogar 0,9 g Algen ohne Waage ziemlich genau treffen und meinen letzten ausgedruckten Futterplan für die Hunde, habe ich vor einigen Jahren von der Wand genommen. Geändert hat er sich übrigens nicht: Auch wenn ich über die Jahre mehr dazu gelernt und viel gelesen habe – eine Anpassung meines Futterplans war nie nötig.

Der Zeitaufwand

Es ist natürlich richtig: es ist viel zeitsparender, einen Futtersack zu öffnen, einen Messbecher voll Futter zu entnehmen und dem Hund zu kredenzen. Keine Frage – praktischer geht es gar nicht. Aber ist BARF wirklich so inakzeptabel zeitaufwendig? Ich habe mal die Zeit berechnet, die ich damit verbringe, die Hunde zu füttern – von der Bestellung des Fleisch im Internet, über das Einsortieren des Fleisches in den Gefrierschrank und den Gang in den Keller, um es wieder hervorzuholen, bis hin zum Pürieren des Gemüses und dem letztendlichen Anrichten des Menüs. Es sind 7 Minuten pro Tag. Schreiben von Blogbeiträgen mal nicht eingerechnet 😉

Natürlich hängt diese Zahl davon ab, woher man die Zutaten bezieht – kauft man Fleisch beim Schlachthof, dauert alles länger und hat man dazu noch keine Gefriertruhe, wird es nahezu unmöglich. Die meisten Barfer bestellen aber portioniertes, rohes Fleisch im Internet und lagern es bequem in einer Kühltruhe ein.

Und ja, 7 Minuten sind mehr als 2 Minuten, die man vielleicht für den Kauf und die „Zubereitung“ eines Fertigfutters benötigt. Aber wer nicht einmal 5 Minuten mehr Zeit am Tag für seinen Hund aufbringen möchte, der sollte sich ernsthaft darüber Gedanken machen, ob ein Haustier das Richtige ist. Denn Spaziergänge, Ausbildung, Fellpflege usw. nehmen weitaus mehr Zeit in Anspruch… Wer natürlich darauf aus ist, sehr viel Zeit zu sparen, soll ruhig zum Fertigfutter greifen: wenn der Hund eine verkürzte Lebenserwartung hat, spart man so richtig viel Zeit ein 😉

Fazit

Barfen ist weder sonderlich kompliziert, noch ist es unerträglich zeitaufwendig. Man sollte sich allerdings unbedingt gewisses Grundlagenwissen aneignen, um Fehler bei der Fütterung zu vermeiden. Dazu reicht es aus, ein Buch zum Thema zu lesen. Man sollte auch keine Religion aus dem Thema machen. Es geht ja nur darum, einen Hund zu füttern. Nicht mehr und nicht weniger.

Sicherlich ist die Fütterung von Fertigfutter wesentlich einfacher, aber sie kann eben auch Nachteile wie eine geringere Lebenserwartung nach sich ziehen. Und außerdem: wer möchte den jeden Tag das Gleiche essen? Also ich nicht…

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[1] http://www.guardian.co.uk/world/2004/jul/12/australia.davidfickling
[2] Lippert/Sapy (2003): Relation between the domestic dog’s well-being and life expectancy, S. 14

3 Meinungen zu “BARF Mythos #5: BARF ist zu kompliziert und zu zeitaufwendig

  1. Anonym sagt:

    Vielen Dank für die riesen Mühe, die du dir mit deiner Seite gemacht hast. Respekt!
    Die vielen Infos (sehr gut recherchiert und belegt), insbesondere das Aufklären einiger Mythen bzw. Vorurteilen sowie die Vermittlung deiner gelassenen Philosophie machen es Einem leicht, sich fürs Barfen zu entscheiden.
    Ich bin jedenfalls sehr froh darüber, es getan zu haben und meinem Hund geht es damit um Einiges besser als mit …futter 🙂

  2. Pingback: Warum eigentlich B.A.R.F.en? – Roh & Munter

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