von Nadine Wolf
aktualisiert am 18.04.23
Giardien sind winzige Einzeller (Giardia duodenalis), die im Darm von Wirten wie Hunden, Katzen, Rindern oder Menschen leben und sich dort vermehren können. Eine Infektion mit diesen Parasiten wird als Giardiose bezeichnet. Die Übertragung erfolgt durch die orale Aufnahme der infektiösen Stadien (Zysten), z.B. wenn Hunde mit dem Kot befallener Vierbeiner in Berührung kommen oder kontaminiertes Wasser, z.B. aus Pfützen, aufnehmen. Da das hundetypische Verhalten einen regelmäßigen Kontakt mit diesen Infektionsquellen mit sich bringt, sind Giardien bei Hunden entsprechend häufige Mitbewohner: Einer Untersuchung zufolge wurden in Deutschland in 16,6 % der an ein Untersuchungslabor eingesandten Kotproben Giardien nachgewiesen, bei Tierheimhunden waren sogar 58,8 % der Proben positiv.[1].
Symptome, Diagnose & Immunität
Hunde, die sich in der Wachstumsphase befinden oder in landwirtschaftlichen Betrieben und Zwingern gehalten werden, sind besonders häufig von Giardien betroffen. Obwohl Giardien bei Hunden insgesamt weit verbreitet sind, verläuft eine Infektion oft ohne erkennbare Symptome. Nur bei jungen Tieren oder bei starkem Befall können Durchfall, Erbrechen, Schleim- oder sogar Blutbeimengungen im Kot auftreten. Auch weicher Kot kann auf eine Infektion mit Giardien hinweisen. Die Symptome können aber auch unregelmäßig oder intermittierend auftreten.
Da derartige Symptome auch bei anderen Darmerkrankungen vorkommen, ist es wichtig, eine Infektion möglichst zweifelsfrei zu bestätigen. Dafür gibt spezielle Kotproben-Antigen-Tests, die eine hohe Zuverlässigkeit aufweisen (bei der Uni Gießen kann man so einen Test für 15,50 Euro selbst beauftragen). Eine mikroskopische Betrachtung mit Anreicherungsverfahren wie sie häufig in Tierarztpraxen angeboten werden, ist hingegen eher unzuverlässig[2]. Man sollte hier darauf bestehen, dass ein Kopro-Antigen-Test durchgeführt wird. Dieser sollte im Übrigen nach der Behandlung nochmals wiederholt werden, um zu überprüfen, ob die Giardien wirklich eliminiert wurden.
Eine Infektion führt zu einer Teilimmunität, die bei einer erneuten Infektion zu einem milderen Krankheitsverlauf oder sogar zur vollständigen Elimination des Erregers führen kann. Dies erklärt auch das häufigere Auftreten der Krankheit bei Welpen und jungen oder immungeschwächten Tieren. In diesen Fällen ist die Immunität noch nicht ausgebildet oder eingeschränkt. Bei erwachsenen, gesunden Tieren ist dagegen häufig ein symptomloser Verlauf zu beobachten, da entsprechende Immunreaktionen die Parasiten beeinträchtigen oder sogar abtöten.
Behandlung von Giardien
Eine medikamentöse bzw. schulmedizinische Behandlung ist in den meisten Fällen wenig vielversprechend, weil es häufig zu Reinfektionen kommt. Daher werden diese Behandlungen meist mehrfach wiederholt. Dabei wird Fenbendazol (z. B. Panacur) und / oder Metronidazol eingesetzt. Letzteres ist ein Antibiotikum, welches eine Dysbiose (Verschiebung der Darmflora – hier Infos zum Darmflora-Check) nach sich ziehen kann[3]. Diese schwächt das Immunsystem, sodass der Körper sich noch weniger gegen die Giardien zur Wehr setzen kann. Anekdotische Berichte wiesen darauf hin, dass der häufige Einsatz von Metronidazol sich negativ auf die Bauchspeicheldrüse auswirken kann. Studien aus dem Humanbereich weisen ebenfalls darauf hin, dass eine Behandlung eine Pankreatitis auslösen kann[4].
Das alternative Vorgehen zur Giardienbehandlung sieht hier demnach einen anderen Ansatzpunkt vor. Es ist notwendig, das Problem von mehreren Seiten anzugehen:
- Aufbau des Mikrobioms
- Unterstützung durch Kräuter
- Ernährung
- Hygiene
Mikrobiom unterstützen
Eine Giardien-Infektion bei Hunden ist mit signifikanten Veränderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms (= Darmflora) verbunden[5], dies wurde auch schon bei Mäusen nachgewiesen[6]. Daher erscheint es sinnvoll, das Mikrobiom zu unterstützen. Dazu gibt es auch erste Studien. Mäuse zeigten nach der Verabreichung von einem probiotischen Bakterium namens Enterococcus faecium eine verstärkte Immunreaktion gegen Giardien[7]. In ähnlicher Weise reduzierte die Behandlung von Wüstenrennmäusen mit der probiotischen Arzneihefe Saccharomyces boulardii vor einer Giardien-Infektion die Symptomatik und die Parasitenlast[8]. Unabhängig davon haben probiotische Bakterienkulturen und präbiotische Fasern ganz allgemein positive Auswirkungen auf das Immunsystem und können helfen, die generellen Giardien-Entzündungsanzeichen zu reduzieren.
Aus diesem Grund ist es sinnvoll, das Mikrobiom durch Synbiotika (Kombination aus probiotischen Bakterien und präbiotischen Faserstoffen) zu unterschützen. Hierfür eignen sich vor allem einige Humanprodukte, weil
- diese in der Regel keine fragwürdigen Inhaltsstoffe wie etwa Calciumcarbonat, Sonnenblumenöl oder Maisstärke enthalten,
- zudem über eine höhere Anzahl von Bakterienstämmen verfügen, was gemäß des Multi-Spezies-Ansatzes sinnvoller ist (für Veterinärprodukte sind aktuell leider nur 2 Stämme zugelassen) und
- höher dosiert sind, also mehr koloniebildende Einheiten, kBE, enthalten. Es sollten mindestens 4 Milliarden (4 x 109) kBE pro Gabe sein. Beispiele dafür sind DHN Probio immun oder BactoFlor 10/20.
Ein Synbiotikum sollte bei einer Giardiose lange, also über etwa 12 Wochen verabreicht werden. Im Übrigen ist ein solches Supplement auch bei einer schulmedzinischen Behandlung sinnvoll, denn eine Antibiose mit Metronidazol kann das Mikrobiom nachhaltig schädigen und auch für die eingesetzten Wurmmittel zeichnet sich ein solcher Einfluss ab. Milchprodukte (z. B. Buttermilch oder Feta) ersetzen im Übrigen ein solches Synbiotikum nicht ansatzweise. Solche Milchprodukte sind in der Regel aus pasteurisierter Milch hergestellt. Selbst bei Rohmilchprodukten ist der Gehalt aber zu niedrig.
Kräuter einsetzen
Für verschiedene Kräuter ist eine antiparasitäre Wirkung nachgewiesen. Speziell für die Pflanzen, die Berberine enthalten wie z. B. Wurzelrinde von Berberitzen (Berberis vulgaris) oder Kanadische Gelbwurz (Hydrastis canadensis) ist eine Wirkung gegen Giardien belegt.[9] Wird eine schulmedizinische Behandlung mit Metronidazol angestrebt, so kann auch Mariendistel-Extrakt (Silymarin) flankierend eingesetzt werden, da es die negativen Effekte der Antibiose zu reduzieren und die Wirkung zu verbessern scheint [10].
Eine gute Unterstützung bei einer Giardieninfektion können die von Prof. Dr. Heiner Frühauf entwickelten Thunder Pearls sein – dabei handelt es sich eine im Rahmen der Traditionellen Chinesischen Medizin modifizierte Kräuterrezeptur. Eine Besserung der Symptomatik ist nach 2 – 4 Wochen zu erwarten.
Dosierung der Thunder Pearls[11]
- kleine Hunde: 2-mal täglich 1 Kapsel oder 2-mal täglich 1 – 2 Tabletten
- mittlere Hunde: 2-mal täglich 1 – 2 Kapseln oder 2-mal täglich 3 Tabletten
- große Hunde: 2-mal täglich 2 Kapseln oder 2-mal täglich 4 – 6 Tabletten
Teilweise werden die Thunder Pearls auch als Granulat angeboten: 3 Tabletten entsprechen ca. 1 g Granulat.
Eine weitere Methode zur Unterstützung ist das Giardien-Protokoll von Swanie Simon, welches eine Kombination von Synbiotika, MSM (Methylsulfonylmethan) und kolloidalem Silber vorsieht. Swanie empfiehlt außerdem, bei einem stark angegriffenen Darm (zu erkennen an starker Schleimausscheidung und/oder blutigem Kot) eine Mischung aus 2 Teilen Slippery Elm und je 1 Teil Eibischwurzel, Großer Klette und Mädesüß einzusetzen. Daraus wird ein Brei mit kaltem Wasser angerührt, der zwischen den Mahlzeiten verabreicht wird.
Ernährung anpassen
Die Anpassung des Futters ist eine weitere Möglichkeit, das Tier zu unterstützen. Häufig wird im Rahmen der Giardienbehandlung ein kohlenhydratarmes Futter empfohlen. Es gibt keine Studien, die dies zweifelsfrei belegen, allerdings haben Hunde keinen Kohlenhydratbedarf, weshalb es nicht schaden kann, das Tier dennoch kohlenhydratarm zu ernähren. Trockenfutter eignen sich dafür nicht, da sie für gewöhnlich 35– 55 % Kohlenhydrate enthalten, aber es gibt einige Nassfutter, die kohlenhydratarm sind und auch BARF erfüllt natürlich diese Kriterien. Übrigens kann auch rohes Fleisch mit Giardien kontaminiert sein. Um diesen Infektionsweg auszuschließen, sollte das Fleisch mindestes eine Woche lang bei mindestens -4°C eingefroren werden. Dies tötet die Giardien sicher ab.
Ist der Darm stark in Mitleidenschaft gezogen, sodass heftige Symptome auftreten, sollte das Futter auf jeden Fall angepasst werden. Es sollte alles gemieden werden, was schwerverdaulich ist, also bindegewebsreiche Komponenten wie z. B. Pansen, Trockenkauartikel wie etwa Schweineohren oder Ochsenziemer und auch Knochen sollten vorübergehend nicht gefüttert werden. Außerdem sollte dann auch der Fettgehalt nicht zu hoch sein. Es kann auch Sinn machen, das Futter eine Zeit lang zu kochen, also eher eine Art Schonkost aus gekochtem Fleisch und Obst sowie Gemüse (nach Verträglichkeit z. B. Apfel, Heidelbeeren, Karotten, Chicorée – diese Sorten enthalten viele präbiotische Fasern) zu füttern. Reis, Kartoffeln oder andere starke Kohlenhydratquellen sollten dabei natürlich gemieden werden.
Die häufig bei Durchfallerkrankungen eingesetzte Moro‘sche Möhrensuppe ist übrigens nicht geeignet, um Giardien zu bekämpfen. Die Suppe eignet sich eher im Rahmen der Behandlung bakteriell verursachter Durchfälle. Allerdings kann es im Rahmen einer Giardiose aufgrund des geschädigten Mikrobioms sowie der Darmschleimhaut auch zu einer Sekundärinfektion kommen – krankmachenden Bakterien wird der Weg geebnet, sodass sie sich leichter vermehren können. In solchen Fällen ist die Suppe durchaus sinnvolll.
Hygiene
Prophylaktische Maßnahmen wie das Entfernen von Kot sind sehr wichtig, um die Verbreitung von Giardien und Reinfektionen zu vermeiden. In diesem Zusammenhang sollten auch alle Oberflächen in der Wohnung, die mit Kot in Berührung gekommen sind, gereinigt werden. Giardien sind recht hartnäckig, können aber mit einem Dampfstrahler oder durch Einfrieren abgetötet werden. Es gibt nur wenige Desinfektionsmittel, die für den Einsatz gegen Giardien geeignet sind. Diese sind auch eher für Zwinger als für Wohnungen gedacht. Bei langhaarigen Tieren sollte das Fell im Bereich des Afters und der Hinterbeine vorübergehend gekürzt oder nach jedem Kotabsatz shampooniert werden, damit keine infektiösen Zysten im Fell hängen bleiben und auf dem Sofa landen.
Können sich Menschen anstecken?
Die Giardiose ist eine Zoonose. Darunter versteht man Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können. Im Falle der Giardien ist das Risiko einer Übertragung von Hunden auf den Menschen laut ESCCAP Deutschland e. V. jedoch gering, da die meisten Genotypen der Erreger, die bei diesen Tieren vorkommen, für den Menschen keine zoonotische Bedeutung haben, d. h. für den Menschen ungefährlich sind. Menschen können sich zwar infizieren, aber das Risiko ist gering. Die Ansteckung des Menschen erfolgt über die Aufnahme von kontaminierten Lebensmitteln (hier spielt die Düngung mit Gülle eine große Rolle) oder Trinkwasser (vor allem bei Aufenthalten in den Tropen oder anderen warmen Ländern) oder über eine Schmutz- und Schmierinfektion, also als Folge mangelnder Hygiene. Der Krankheitsverlauf ist auch bei Zweibeinern meist symptomlos, bei Kindern oder immungeschwächten Personen kann es jedoch zu Durchfall, Fettstühlen oder Erbrechen kommen. Der beste Schutz vor einer Infektion ist auch beim Menschen die Einhaltung der üblichen Hygienemaßnahmen: effiziente Händehygiene, Toilettenhygiene, Küchen- und Trinkwasserhygiene sowie die Vermeidung kontaminierter Lebensmittel. Ein starkes Immunsystem kann natürlich auch nicht schaden, weder bei Zwei- noch bei Vierbeinern.
Quellenangaben
- [1] Vrhovec, M. G. (2013): Retrospektive Analyse der parasitologischen Untersuchungsergebnisseeines privaten Untersuchungslabors: Intestinale, respiratorische und vektorübertragene Parasitosen bei Hunden und Katzen in Deutschland (2004 – 2006)
- [2] Cirak, V. Y., Bauer, C. (2004): Comparison of conventional coproscopical methods and commercial coproantigen ELISA kits for the detection of Giardia and Cryptosporidium infections in dogs and cats
- [3] Pilla, R. et al. (2020): Effects of metronidazole on the fecal microbiome and metabolome in healthy dogs
- [4] Sura, M. E. et al. (2000): Metronidazole-associated pancreatitis
- [5] Berry, A. S. F. et al. (2020): Natural Infection with Giardia Is Associated with Altered Community Structure of the Human and Canine Gut Microbiome
- [6] Barash, N. R. et al. (2017): Giardia Alters Commensal Microbial Diversity throughout the Murine Gut
- [7] Benyacoub, J. et al. (2005): Enterococcus faecium SF68 enhances the immune response to Giardia intestinalis in mice
- [8]Ribeiro, M. R. S. et al. (2018): Effect of probiotic Saccharomyces boulardii in experimental giardiasis
- [9] Allebawi F. I. M. et al. (2019): EFFECT OF BERBERINE ON GIARDIASIS
- [10] Chon SK, Kim NS. (2005)_ Evaluation of silymarin in the treatment on asymptomatic Giardia infections in dogs
- [11] Noack, K. Zeitschrift für Ganzheitliche Tiermedizin 2020; 34(01): 17 – 20
Als wär‘s Schicksal, heiße ich ausgerechnet Wolf. Nadine Wolf. Wolf wie BARF. Vierbeiner, vor allem ihre artgerechte Ernährung, sind Job und Leidenschaft zugleich. Ob als Autorin, Bloggerin, Kolumnistin, Dozentin oder auch Tierheilpraktikerin, alles dreht sich bei mir um Hunde und deren Gesundheit. Folge mir, um mehr zu erfahren…
Hallo 👋🏻.
Ich habe eine Frage und zwar wie dosiert man Bacto Flor 10/20 wenn ich mich an das Protokoll von Swanie Simon halte. Denn da soll ja zu jeder Mahlzeit Bactoflor verabreicht werden. Ist das dann nicht zuviel für einen 27 kg Hund oder ist das kein Problem.
Dann noch am Rande. Ein wirklich toller Blog danke dafür. Liebe Grüße Carolin.
Da würde ich eine Kapsel am Tag ansetzen.