Sollte man einen Welpen bei einem “Vermehrer” kaufen?

Rhodesian Ridgeback Mashanga Burhani

Süß so ein Welpe, oder?  Bayo war ein paar Wochen alt als diese Aufnahme entstand. Er kann sich glücklich schätzen, denn die Menschen, die dieses Foto von ihm machten, meinten es gut mit ihm:

  • sie wählten die Elterntiere sorgfältig aus (Ja, bereits dort fängt es an – physisch oder psychisch kranke Tiere sollten keinesfalls verpaart werden.)
  • sie kümmerten sich liebevoll um die trächtige Hündin, unterstützten sie angemessen bei der Geburt und halfen ihr bei der Versorgung der 11 Welpen (eine gestresste oder überforderte Hündin kann keine gute Mutter sein)
  • sie ließen die Welpen im Familienverband aufwachsen: die ersten vier Wochen verbrachten die Welpen komplett in der Wohnung der Züchter, erst danach ging es ins Welpenhaus im Garten
  • sie brachten die Welpen in einer warmen, sauberen, trockenen und hellen Umgebung unter und gaben ihnen genug Futter, sodass es propere Welpen wurden
  • sie achteten darauf, dass die Welpen genügend, aber nicht zu viel Neues und Zweibeiner als etwas Positives kennen lernten und sorgten dafür, dass die Welpen Gelegenheit hatten, die Welt spielerisch in einem großen Auslauf zu erkunden und sich danach zu erholen
  • sie sorgten für eine medizinische Versorgung und ließen die Welpen von Tierärzten und einem Zuchtwart untersuchen
  • sie suchten kritisch nach einem geeigneten neuen Zuhause für die Welpen, luden die Interessenten zu sich ein, präsentierten stolz die Zuchthündin und den -rüden und ließen sich Löcher in den Bauch fragen und die Zuchtanlage sowie das Wohnhaus ausgiebig betrachten
  • sie übergaben die Welpen in einem angemessenen Alter mit einem rechtskräftigem Kaufvertrag, gültigem Impfausweis und den notwendigen Papieren
  • sie kümmern sich auch heute noch um “ihre Kinder”, indem sie Welpentreffen organisieren und regelmäßig bei den neuen Familien der Vierbeiner anrufen und nach dem Rechten fragen

Bayo hatte es gut. Er wuchs in einer schönen, liebevollen Umgebung auf und fand ein – wie ich meine – schönes, neues Zuhause. Leider ist das nicht immer so, denn es gibt Millionen von Welpen, die in eine ganz andere Welt hinein geboren werden. Sie sind der 10. Wurf einer Hündin, die abgemagert, schlecht sozialisiert, verwurmt und am Ende ihrer Kräfte ist. Die vielleicht geschlagen wird, kein gutes Futter bekommt, Flöhe hat, die nie Liebe erfahren hat und Menschen leider als etwas kennen gelernt hat, was man besser meiden sollte. Diese Welpen werden in Käfigen gehalten, sehen oft nicht einmal das Sonnenlicht und haben keinerlei Möglichkeit, die Welt zu entdecken. Sie werden viel zu früh von den Müttern getrennt, werden gar nicht geimpft oder entwurmt und leben bis zu ihrer Abgabe in verdreckten Zwingeranlagen mit anderen Welpen verschiedener Rassen. Sie erfahren keine Liebe und die Frühprägungsphase verstreicht ungenutzt. Irgendwann werden sie dann von ihren s.g. “Züchtern” auf einen Markt geschleppt, um feilgeboten zu werden. Jeder normale Mensch findet Welpen süß und zwar auch jene, die diesen Weg gegangen sind. Das Kindchenschema wirkt auch hier zuverlässig. So geraten viele Hunde in ein neues Zuhause. Dort bleiben sie oft leider nicht lange, denn entweder sterben sie nach ein paar Wochen, oder landen im Tierheim, weil die mangelnde Sozialisierung der Tiere im Welpenalter früher oder später zu Problemen führt, die den neuen Besitzer überfordern. Im besten Falle kauft man auf so einem Markt einen Hund, der sein Leben lang krank ist und (teuer) medizinisch behandelt werden muss.

Und warum das alles? Nun ja, auf der einen Seite wäre da die Profitgier von Menschen, denen das Wort Tierliebe fremd ist und auf der anderen Seite Welpenkäufer, die ein paar Euro am Kaufpreis für den Hund sparen wollen oder Mitleid haben. Unglücklicherweise folgt jedem Welpen, den man von einem Vermehrer kauft und vermeintlich rettet, eine weitere unglückliche Hundeseele, die den beschriebenen leidvollen Weg gehen muss.

Um die Frage im Titel zu beantworten: Nein! Auf keinen Fall! Niemals. Abgesehen davon, dass man mit so einem Kauf diese schreckliche Art von Welpenhandel fördert, sind Welpen doch auch zukünftige Familienmitglieder und sie sollten in einer artgerechten Umgebung aufgewachsen und gut sozialisiert sein. Daher sollte man unbedingt darauf achten, wo man einen Welpen kauft. Mit etwas gesundem Menschenverstand kann man einen Vermehrer schnell entlarven. Wenn Welpen verschiedener Rassen auf einem Markt oder aus einem Kofferraum an einer Autobahnraststätte verkauft werden, ist das kein gutes Zeichen. Sollte die Mutterhündin gerade angeblich auf einer Austellung sein oder eine Hündin präsentiert werden, die die Welpen meidet oder gar vertreibt, ist Vorsicht geboten. Auch wenn die Welpen auffällig aufgeblähte Bäuche, stumpfes Fell oder Augenausfluss haben, sollte man sich die Augen zuhalten (um die süßen Welpen nicht sehen zu müssen) und so schnell wie möglich das Weite suchen. Ebenso deuten ängstliche Hunde darauf hin, dass mit der Zucht etwas nicht stimmt. Werden Rassewelpen “mit Papieren” weit unter dem üblichen Marktpreis angeboten (ein Ridgeback kostet zwischen 1.500 – 2.000 Euro, ein Cavalier zwischen 1.000 – 1.500 Euro), sollte man lieber aufpassen, denn wer am Kaufpreis spart, spart an der völlig falschen Stelle. Auch wenn der s.g. Züchter die Welpen “ohne Papiere” zu einem günstigeren Preis anbietet als “mit Papieren” ist Vorsicht geboten.

Man sollte sich die Zuchtstätte sehr gut ansehen und erst dann über den Kauf entscheiden. Dabei ist nicht wichtig, dass die Welpen die neusten High-Tech-Spielzeuge besitzen und im Bücherregal des Züchters die in Leder gebundenen aktuellsten Werke zur Hundezucht stehen, sondern dass die Welpen artgerecht aufwachsen. Eine völlig verwahrloste, dreckige Anlage ist ebenso schlimm wie ein steriler Raum ohne Tageslicht. Werden die Welpen zu früh mit zu vielen Besuchern und neuen Dingen konfrontiert, kann das ebenso furchtbare Konsequenzen haben wie eine fehlende Sozialisierung. Man sollte immer bedenken, dass die ersten Wochen, in denen ein Lebewesen die Welt entdeckt, entscheidend für die weitere Entwicklung sind. Ein Hund, der in dieser Zeit Zweibeiner als etwas Gefährliches oder Unangenehmes kennen lernt, kann schnell zu einer Gefahr für Mensch und Tier werden. Lebt der Welpe in dieser Zeit in einem Käfig und hat keine Möglichkeit, “sein Geschäft” außerhalb seines Bettes zu verrichten, wird er möglicherweise niemals stubenrein werden. Die Konsequenzen einer solchen Aufzucht sind in den meisten Fällen verheerend. Auch beim Welpenkauf gilt: wer billig kauft, kauft zwei Mal! Dann doch lieber ein paar Euro mehr in die Hand nehmen und einen guten Züchter auswählen oder im Tierheim um die Ecke vorbei schauen – dort gibt es auch genügend Hunde, die dringend ein Zuhause suchen und gegen eine geringe Schutzgebühr abgegeben werden. Welpen bei Vermehrern zu kaufen ist entweder falsch verstandene Tierliebe (auch wenn es schwer fällt, die niedlichen Welpen bei den grausamen Leuten zu lassen) oder unangebrachte Sparsamkeit.

Mehr zu dem Thema auch unter: http://www.tasso.net/

Im Übrigen ist selbst der relativ hohe Kaufpreis eines RR-Welpen rein gar nichts im Vergleich dazu, was so ein Hund im Laufe seines Lebens an Kosten verursacht. Siehe hierzu >>Wie viel kostet die Haltung eines RR?

Eine Meinung zu “Sollte man einen Welpen bei einem “Vermehrer” kaufen?

  1. Conny Strebel sagt:

    Hallo Nadine,
    Welpen- und Hunde-Kauf ist ein sehr aktuelles Thema. Ich habe gelesen, dass noch nie soviele Leute einen Hunde kaufen wollten, wie in den Corona-Jahren 2020/21. Darum ist es wichtig und lobeswert, dass Leute wie Du Aufklärungsarbeit leisten. Ich hab schonso viele Geschichten gelesen über grausame Hundehaltung und sogenannte Vermehrer, dass mir das Herz blutet.
    LG, Conny

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert