Barfer, sag wie hältst Du´s mit der Religion?

Ein Vorwurf, den sich Barfer häufig anhören müssen, ist, die Unterstellung, man würde diese Form der Fütterung aus rein ideologischen Motiven heraus betreiben und ununterbrochen andere Tierhalter missionieren. Ist dem so? Sind Barfer alle samt Anhänger einer fanatischen, religiösen Sekte, die wie ein aufgebrachter Mob, den Kreuzrittern gleich, über jeden herfallen, der es sich wagt, Trockenfutter zu servieren?

Barfer haben keine Gottheit, verehren keine heiligen Objekte – sie füttern einfach nur ihre Hunde nach dem Vorbild der Natur. Sie orientieren sich an reellen, seit Tausenden von Jahren in einem riesigen Feldversuch namens Evolution gemachten Erfahrungen. Mehr nicht. Zugegebenermaßen gibt es sie, die Barfer, die versuchen, alle jene, die anders füttern, zu bekehren. Aber kann man diesen Vorwurf allen Barfern machen? Und verhalten sich vor allem diejenigen, die Fertigfutter präferieren, wirklich anders?

Um das Verhalten der missionierenden Barfer zu verstehen, die stets versucht sind, andere vehement und gegen ihren Willen von dieser Fütterungsart zu überzeugen, muss man sich deren Erfahrung vor Augen halten. Diese Menschen kritisieren andere Tierhalter nicht, weil sie grundsätzlich bösartig sind. Oft ist es so, dass Hundehalter erstmalig mit BARF in Kontakt kommen, weil ihr Tier krank war. Teilweise haben sie ihre Hunde auf einem langen Leidensweg begleitet, haben sehr viel Geld in deren Behandlung investiert und stellen dann fest, dass eine einfache Futterumstellung das Problem löst. Wer einmal diese erleichternde Erfahrung gemacht hat, wird von dem Konzept überzeugt sein und dann gibt es in der Regel kein Zurück mehr. Und bei manchen Hundehaltern führt das dazu, dass sie von Hundewiese zu Hundewiese pilgern und versuchen, alle an dieser Freude teilhaben zu lassen. Die meisten Neu-Barfer stellen dann fest, dass sie mit diesem Verhalten anecken und lassen es dann einfach sein, was vollkommen richtig ist, denn die Entscheidung über die Fütterung trifft der Halter und diese sollte man akzeptieren. Einige Barfer hält das natürlich nicht davon ab, andere aggressiv bekehren zu wollen. Genau diese Menschen bleiben dann im Gedächtnis, auch wenn sie nicht die Regel sind.

Interessant ist immer, dass Barfern Religiosität, Fanatismus und mangelnde Toleranz unterstellt wird, ein anfeindendes Verhalten von der Seite der Fertigfutter-Anhänger jedoch vollkommen akzeptabel scheint. Dabei werden Barfer teilweise ganz offen stigmatisiert, angegriffen und stets mit kritischem Blick bedacht.

  • Die Labore bieten BARF-Blutprofile an. Bei Tieren, die Trockenfutter bekommen, scheint dafür keine Notwendigkeit vorzuliegen, obwohl es keinen Beweis gibt, dass Fertigfutter grundsätzlich ausgewogen ist.
  • Im Zusammenhang mit BARF wird vor Salmonellen und anderen Gefahren dieser Art gewarnt, aber keiner fragt danach, wie die Situation mit Fertigfutter aussieht, obwohl bekannt ist, dass beispielsweise getrocknete Kauartikel wahre Bakterienherde sind. So dürfen Therapiehunde nicht gebarft werden, ob ein Hund aber über Fertigfutter zum Infektionsrisiko wird, kümmert niemanden.
  • BARF-Rationen wird immer unterstellt, nicht bedarfsdeckend zu sein. Dabei wird vergessen, dass es für Fertigfutter keine gesetzlichen Anforderungen gibt, sämtliche heute als relevant geltenden Bedarfswerte zu erfüllen. Von jenen, die noch gar nicht erforscht sind, mal ganz zu schweigen. Theoretisch kann jeder ein Fertigfutter herstellen und verkaufen. Sachkunde und Fachwissen sind nicht notwendig.
  • Einige Tierärzte notieren in großen, roten Lettern BARF auf der Karteikarte eines Barfers, um im Anschluss jede Erkrankung auf die Fütterung zurückzuführen. Gibt ein Tierhalter irgendein Trockenfutter in den Napf, erfolgt keine vorwurfsvolle Belehrung, selbst wenn der Hund fütterungsbedingte, gesundheitliche Probleme hat.
  • Barfer sollen ihren Hund alle 6 Wochen entwurmen, obwohl die meisten Tierhalter, die roh füttern, das Fleisch vor der Fütterung gefroren lagern, was nachweislich zum Absterben von Würmern und deren Vorstadien führt, sodass kein größeres Risiko besteht.
  • Barfer müssen sich von Kritikern anhören, sie würden ihre Hunde umbringen, wären geizig und verantwortungslos, während Tierhalter, die billigste bunte Getreidekugeln aus dem Discounter geben, stets gewissenhafte und verantwortungsbewusste Hundeführer sind.

In der Schlacht der Vorwürfe kann es zu teilweise abstrusen Situationen kommen, die am Vorhandensein des gesunden Menschenverstandes zweifeln lassen. Es geht so weit, dass Kritiker sich im Angesicht zweier gegenteiliger Exempel – BARF vs. Fertigfutter, glänzendes Fell vs. Schuppen, weiße Zähne vs. Zahnstein, vital vs. schlapp – dazu hinreißen lassen, zu behaupten, das weniger gesund wirkende Tier, was Fertigfutter bekommt, sei besser versorgt und dass BARF immer eine Mangelversorgung nach sich zieht. Und dann folgt eine Tirade an Vorwürfen.

Es ist also keine Einbahnstraße: Auch als Barfer erlebt man oft Anfeindungen ungeahnten Ausmaßes, sodass manche Hundehalter einfach abstreiten, roh zu füttern. Von der Toleranz, die von Barfern immer gefordert wird, keine Spur. Vor dem Hintergrund solcher Vorkommnisse muss man sich schon die Frage stellen, wer hier eigentlich dem religiös-fanatischen Lager zuzuordnen ist.

Bestimmend für religiöse Tendenzen ist u. a. der Glaube an übersinnliche Kräfte, die nicht durch wissenschaftliche Fakten belegt sind, sondern auf individueller intuitiver Erfahrung basieren.[1] In gewissem Maße könnte das auf Barfer zutreffen, denn einige Tierhalter beschreiben die Verwandlung ihres Hundes von krank zu gesund oder von müde zu aufgeweckt in einer Art und Weise als würde es sich tatsächlich um ein Wunder handeln. Für viele Tierhalter ist es das nach Jahren der Verzweiflung vielleicht auch. Und es sind immer individuelle Erfahrungen. Annahmen, die auf dem gesunden Menschenverstand basieren und der Tatsache, dass ein Konzept, das seit Jahrtausenden funktioniert hat, nicht völlig falsch sein kann. Aber es bleiben Anekdoten, denen keine Bedeutung beigemessen wird.

Schließlich gibt es keine Studien, die belegen, dass BARF die bessere Alternative ist. Allerdings darf man nicht vergessen, dass das umgekehrt auch nicht der Fall ist. Es gibt keine Studie, aus der hervorgeht, dass es im Hinblick auf die Lebenserwartung, Gesundheit und das Wohlbefinden eines Tieres von Vorteil ist, ihm Fertigfutter zu servieren. Es wurde nie eine lebenslange Untersuchung durchgeführt, die in verschiedenen Kontrollgruppen gebarfte Tiere mit Vierbeinern vergleicht, die Pellets im Napf vorfanden. Demnach ist der Glaube daran, dass Fertigfutter stets besser für Hunde ist, nichts anderes als das… ein Glaube, der nicht bewiesen ist.

Fazit: Leben und leben lassen. Auf beiden Seiten. Jeder Tierhalter muss seinen Weg finden und sollte akzeptieren, dass es Menschen gibt, die andere Wege beschreiten möchten. Alle wollen doch nur das Beste für ihren Hund. Es geht um Hundefütterung, nicht um einen Glaubenskrieg.

Das BARF-Buch

_________________
Quellen:
[1] www.wikipedia.de

0 Meinungen zu “Barfer, sag wie hältst Du´s mit der Religion?

  1. Anonym sagt:

    Liebe Nadine,
    danke für den Artikel! Du sprichst mir aus der Seele, denn ich beobachte schon länger, dass manche Barfer sich für die reinsten Missionare halten und der Umgangston immer rauher wird.
    Jeder soll so füttern, wie er es für richtig hält und es verantworten will. Ich für meinen Teil möchte meinen Hund so artgerecht wie möglich halten und dazu gehören BARF, TA nur wenn es unbedingt sein muss, keine Nachimfpungen mehr, keine Wurmkuren usw. Ich gebe meine Erfahrungen gerne auch weiter und helfe, wenn ich kann. Damit muss es aber auch gut sein.
    Liebe Grüße aus Frankfurt
    Gaby

  2. Karin sagt:

    Liebe Nadine,
    auch ich habe mir jegliches "Besserwissen" abgewöhnt. Nur ab und zu wenn ich auf dem Hundeplatz z.B. direkt angesprochen werde "du kennst dich doch aus" oder " ich möchte gern barfen weiß aber nicht wie ich die Kurve kriegen soll" dann vereinbare ich ein gemütliches Beisammensein und eine ausführliche Information. Keine "guten Ratschläge" mehr zwischen Tür und Angel – werden oft nur halb verstanden und führen zu Mißerfolgen oder Ablehnung. Und das auch aus purem Egoismus, denn ich verschwende ungern meine Zeit und möchte schon wissen, dass der Interessent es auch ernst meint. Aber dann leg ich los 😉 und zu den Informationen gehört immer diese Seite, die für mich die beste ist, die es auf diesem Gebiet gibt. Tausend Dank dafür !
    Viele frische Grüße
    Karin

  3. Sibylle sagt:

    Ich behaupte gar nicht, zu barfen – ich füttere auch mal Trockenfutter, auch mal eine Dose, auch mal Reste, und Frisch – das vor allem.
    Die extremen Meinungen, die es da unter Hundehaltern gibt, überraschen mich auch immer wieder. Dass ich von möglichst billigem minderwertigem Futter nichts halte, sage ich aber – auf Nachfrage – durchaus deutlich. Manchmal kann amn ja auch sinnvolle Anstösse geben. Und wenn es jemanden interessiert, dann verweise ich auf deine Seite!
    Danke dafür!

  4. Anonym sagt:

    "BARF-Rationen wird immer unterstellt, nicht bedarfsdeckend zu sein."
    Dann hätte es schon längst keine Hunde mehr gegeben und die Futtermittel Industrie auch nicht.

    "Einige Tierärzte notieren in großen, roten Lettern BARF auf der Karteikarte eines Barfers, um im Anschluss jede Erkrankung auf die Fütterung zurückzuführen."
    Ist doch klar, Tierarzt Praxen sind voll von kranken Hunden, das Geschäft blüht und der eine oder andere bekommt von der Futtermittel Industrie einen Bonus. Es geht hier um ein Milliarden Geschäft an dem viele viel Verdienen, und diesen Menschen geht es einfach ums Geld und nicht um die Gesundheit der Tiere. Ich kenne kein Forum wo nicht ein "Helfer" der Futtermittel Industrie ist um zb. Barf schlecht hin zu stellen.

    "Schließlich gibt es keine Studien, die belegen, dass BARF die bessere Alternative ist."
    Muss es das? mir kommt es manchmal so vor, wenn man das liest was in den meisten Foren geschrieben wird, als wenn unsere Hunde gestern vom Mars mit einem Ufo eingeflogen wurden, als unbekanntes Wesen. Dabei gehört der Hund mit zu unserer Kultur. Hundekrankheiten gab es schon immer, aber nicht in dem Ausmaß und der Vielfalt wie heute. Überzüchtung, Impf-Wahn um Geld zu machen, aber den größten Anteil an dem Leid hat die Futtermittel Industrie mit dem schleichenden Gift.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert