Die Sache mit dem Jod bei BARF

Jod bei BARF

Auf welche Art die Jodversorgung bei der Rohfütterung sichergestellt werden soll, wird häufig diskutiert. Je nach Ernährungskonzept reichen die Ansätze von Meersalz über Fischfütterung bis hin zu jodierten Supplementen. Bei BARF werden für gewöhnlich Seealgen eingesetzt. Manch ein Hundebesitzer kümmert sich auch gar nicht um das Thema und geht davon aus, dass abwechslungsreiches Futter alles abdeckt. In Zeiten der „Zwangsjodierung“ von Essen in der humanen Ernährung stehen einige Hundehalter dem Thema Jod zudem sehr skeptisch gegenüber und meiden daher jede Jodquelle. Was dabei häufig vergessen wird, ist die Tatsache, dass ein Hund im Gegensatz zu uns Menschen keine effektive Möglichkeit zur Jodspeicherung hat, weshalb der Bedarf wesentlich höher ist als bei uns Zweibeinern. Werfen wir einen Blick auf die Fakten.

Jodversorgung bei wilden Beutefressern

In der Natur decken wild lebende Raubtiere ihren Jodbedarf komplett über die Beute. Sie fressen also andere Tiere und nehmen damit ausreichend Jod auf. Wichtig zu wissen ist hierbei, dass bei den meisten Beutetieren über 80 % des Jods in der Schilddrüse gebunden ist. Die wird natürlich von Wölfen, Kojoten oder Dingos mit gefressen, weswegen sie gut mit Jod versorgt sind.

Und da hätten wir auch schon den Unterschied zu einigen Rohfütterungskonzepten. Bei BARF beispielsweise wird ein Beutetier nicht komplett gefüttert, sondern nur nachgebaut. Dabei wird geraten, die Schilddrüse nicht mit zu füttern, weil die Dosierung schwerfällt. Oft bekommt man z. B. nur Schilddrüsengewebe von sehr großen Beutetieren wie z. B. Rindern zu kaufen. Ein solches Tier könnte ein Hund nie erlegen und daher ergeben sich aus der Fütterung von Rinderkehlköpfen Probleme, weil viel zu viel Schilddrüsengewebe aufgenommen wird (siehe “Todsünden” bei BARF). Deswegen werden bei BARF Seealgen als Jodquelle eingesetzt.

Anders sieht es bei der Fütterungsart Prey aus. Dort werden ganze Beutetiere verfüttert – komplett mit Haut und Haar. Über ein im Ganzen gefressenes Kaninchen nimmt der Hund die perfekte Menge Schilddrüsengewebe und damit auch ausreichend Jod auf und das Thema ist erledigt. Das gilt aber nur bei wirklich kompletten Beutetieren. Ein Suppenhuhn aus dem Supermarkt ist kein komplettes Beutetier, ebenso wenig wie ein unvollständig nachgebautes Beutetier.

Bei reiner Fütterung von Fleisch (ob nun mit Gemüse oder ohne, spielt keine Rolle) kommt es nachgewiesenermaßen zu einem Jodmangel. Das s. g. „All Meat Syndrome“ äußert sich in sinkenden Schilddrüsenwerten, die ein Indikator dafür sein können, dass nicht genügend Jod zugeführt wird. Dieser Prozess ist schleichend und kann manchmal erst nach Monaten oder gar Jahren augenscheinlich werden. Der Körper kompensiert die Mangellage eben mehr oder weniger gut. Einige Tiere bleiben ein Leben lang unauffällig, andere entwickeln „nur“ eine subklinisch Schilddrüsenunterfunktion und im schlimmsten Falle manifestiert sich die Krankheit mit entsprechenden körperlichen Symptomen.

Jodbedarfswerte nach NRC

Betrachtet man die wissenschaftlichen Bedarfswerte so wird man schnell feststellen, dass es schwierig ist, den Jodbedarf allein über Fleisch, Innereien, Eier und Fisch oder Salz zu decken. Lediglich durch die Fütterung von Seealgen (im Beispiel mit 0,05 % Jodgehalt) erreicht man hier eine adäquate Jodversorgung. Die Folgende Übersicht zeigt den Bedarfswert für einen ausgewachsenen 30 kg schweren Hund, im Vergleich mit der Jodzufuhr verschiedener beispielhafter BARF-Rationen (á 600 g). Die Bedarfsdeckung steht in Prozent in Klammern:

Jodbedarf lt. NRC, 30 kg Hund BARF, ohne Zusätze BARF mit 1 g Salz (jodiert) pro Tag BARF mit 1 Fischtag pro Woche BARF mit 0,8 g Seealgen pro Tag
380 µg 25 µg (6 %) 50 µg (13 %) 40 µg (20 %) 420 µg (112 %)

Wie man sehen kann, ist eine Bedarfsdeckung durch Salz oder Fisch nicht möglich. Würde man an Stelle von Muskelfleisch ausschließlich Fisch wie z. B. Hering füttern, läge man bei ca. 300 µg pro Tag, was vermutlich auch ausreichend wäre, da der Bedarfswert Sicherheitsaufschläge enthält. Aber im Grunde führt erst die Seealge dazu, dass der Bedarf gut gedeckt ist.

Betrachtet man die Berechnung für einen Welpen, der 8 kg wiegt und 12 Wochen alt ist und 480 g Futter bekommt, sieht es ähnlich aus:

Jodbedarf lt. NRC, 10 kg Welpe BARF, ohne Zusätze BARF mit 1 g Salz (jodiert) pro Tag BARF mit 1 Fischtag pro Woche BARF mit 0,6 g Seealgen pro Tag
290 µg 20 µg (7 %) 45 µg (16 %) 35 µg (13 %) 340 µg (118 %)

Auch hier wird klar, dass eine Bedarfsdeckung ohne Seealge nicht möglich ist. Auf der anderen Seite kann man aber auch gut erkennen, wie genau sich der Jodbedarf mit BARF decken lässt. Solange man sich an die korrekte Dosierung der Seealgen hält, erzielt man mit BARF eine sehr genaue Deckung des Bedarfswertes. Der Vorwurf, bei BARF wäre Jod vollkommen falsch oder zu hoch dosiert, ist also unhaltbar.

Interessant ist vor diesem Hintergrund der Vergleich der Jodversorgung mit einem Trockenfutter. Wie man sehen kann, wird hier ein Vielfaches des Jodbedarfs zugeführt:

Jodbedarf lt. NRC, 30 kg Hund Royal Canin Maxi Adult, 400 g Jodbedarf lt. NRC, 8 kg Welpe Royal Canin Maxi Junior, 300 g
380 µg 1.960 µg (516 %) 290 µg 1.050 µg (362 %)

Führt man sich vor Augen, dass mit einem handelsüblichen (und in dem Fall von Tierärzten entwickelten) Trockenfutter so große Jodmengen zugeführt werden, erscheint der Streit mancher Barfer darüber, ob der 30 kg schwere Hund nun 0,6 oder 0,8 g Seealgen am Tag bekommen sollte, geradezu „niedlich“. Die in dem Trockenfutter enthaltene Jodmenge würde man erst mit über 3 g Seealge pro Tag erreichen.

Wichtig ist, dass beim Einsatz von Seealgen bei BARF auf die Dosierung geachtet wird und nur Seealgen mit kontrolliert konstantem Jodgehalt verwendet werden, da dieser stark schwanken kann. Die Dosierungsempfehlungen auf der Packung einiger Anbieter sind oft viel zu hoch. Deswegen ist es sinnvoll, die benötigte Seealgenmenge zu berechnen, um einen zu hohen Jodgehalt in der Ration zu vermeiden.

Grenzen der NRC-Bedarfswerte

Das Problem mit den NRC-Werten ist, dass es nur für Welpen (Hunde bis maximal 16 Wochen) und erwachsene Tiere überhaupt Bedarfswerte gibt. Der Jodbedarf beträgt 61 µg für Welpen und 29,6 µg pro kg metabolisches Körpergewicht  (das bedeutet Körpergewicht^0,75) und Tag für ausgewachsene Tiere. Die Tiere, die zwischen den beiden Lebensstadien stehen (bei sehr großen Rassen also Tiere von 17 Wochen bis 2 Jahre), hängen förmlich in der Luft und die Unterschiede zwischen den Werten sind offensichtlich enorm. Leider existieren keine NRC-Bedarfswerte für Junghunde! Um den Zeitraum zu überbrücken, gibt es daher Empfehlungen, die die Menge langsam und allmählich vom hohen Welpenbedarfswert auf den viel niedrigeren für erwachsene Hunde absenkt. Hier empfiehlt sich die Berechnung der Menge mit einem BARF-Rechner, auch im BARF-Buch findet sich eine Tabelle, die die Dosierung in der Übergangszeit leicht macht. Für Welpen und erwachsene Hunde kann man natürlich einfach die NRC-Bedarfswerte verwenden (z. B. mit dem kostenlosen Seealgen-Rechner).

Jodwert im Blut prüfen?

Einige Tierhalter sind durch die Joddebatte sehr verunsichert und möchten daher die Jodversorgung lieber genauer überprüfen. Leider wird in diesem Jod BlutZusammenhang immer zur Durchführung eines s. g. BARF-Profils beim Tierarzt geraten. Im Rahmen dieser Blutuntersuchung sollen verschiedene Werte, die bei BARF angeblich problematisch sind, überprüft werden, darunter auch Jod. Häufig wird hierbei festgestellt, dass Jod im Blut zu hoch ist, also angeblich zu viel Jod im Futter ist. Unglücklicherweise lässt sich die Jodversorgung über die Nahrung im Blut aber überhaupt gar nicht feststellen (diese Tatsache betonen sogar Labore). Hierzu wäre die Untersuchung einer 24-h-Urinsammelprobe mittels Sandell-Kolthoff-Reaktion erforderlich, so wie es sinnvollerweise in der Humanmedizin gemacht wird. Im Veterinärbereich wird diese Untersuchung leider (noch?) nicht angeboten. Der Jodblutwert ist mit absoluter Vorsicht zu genießen und ist nicht geeignet zur Überprüfung der Jodversorgung. Er kann auch dann erhöht erscheinen, wenn der Hund rechnerisch schon viel zu wenig Jod bekommt und natürlich umgekehrt. Er sollte demnach ignoriert, am besten gar nicht erst ermittelt werden. Eine gewisse Aussagekraft hat hingegen der Schilddrüsenwert T4, der im Rahmen eines BARF-Profils auch mit bestimmt wird. Dieser sollte über der Hälfte, bei jungen Hunden noch besser im oberen Drittel, der Referenz liegen (z. B. wenn die Referenz mit 1,3-4,5 µg/dl angegeben ist, mindestens 2,9 µg/dl, besser über 3,9 µg/dl). Hierbei sei allerdings gesagt, dass es bei Hunden durchaus Jahre dauert, bis eine unpassende Jodversorgung sich in diesem Wert widerspiegelt. Es ist sinnvoller, im Zweifelsfall den Futterplan selbst zu analysieren bzw. von einem Ernährungsberater (www.barfberater.de) durchrechnen zu lassen.

Fazit

Um Mangelerscheinungen oder eine Überdosierung zu vermeiden, ist die passende Jodversorgung für Hunde wichtig. Allein über Fleisch, Fisch, Innereien, Salz und Gemüse ist dies nicht gewährleistet. Wenn, dann nur über die Fütterung kompletter Beutetiere, so wie es in der Natur auch stattfindet. Bei BARF werden Beutetiere nur nachgebaut, daher sollten Seealgen zur Jodversorgung eingesetzt werden, die dann passend dosiert werden müssen. Das ist nicht schwierig, denn es gibt entsprechende Tabellen dafür, aus denen man die Menge einfach ablesen kann. Hält man sich an diese Mengen, ist die Jodversorgung sichergestellt, ohne so große Mengen Jod zuzuführen, so wie es häufig bei Fertigfutter der Fall ist. Ist man sich unsicher, wie es um die Jodversorgung steht, kann man diese nicht anhand von Blutwerten überprüfen, sondern sollte den Jodgehalt des Futterplans durchrechnen (lassen).

2 Meinungen zu “Die Sache mit dem Jod bei BARF

  1. Anonymous sagt:

    Das ist eine interessanter Artikel, insbesondere deshalb, weil ich zwar einen Hund mit therapierter Schulddrüsenunterfunktion habe, er aber im Blut einen wesentlich zu hohen Jodanteil hat und ich nun versuche herauszufinden, an welchem Teil seiner Nahrung das liegt. an die rinderkehlköpfe habe ich auch schon gedacht, allerdings bekommt er bei einem Gewicht von 26,5 kg ca. alle 1,5 Wochen einen Kehlkopf, ist er klein, gibt es ihn an einem Tag, ist er groß verteile ich ihn auf zwei. Außerdem gibt es ca. 2 x die Woche ein Seelachsfilet und täglich eine Portion Spirulina. Im täglichen Barf-Mix ist sicher hin und wieder Geschlinge vom Rind mit verarbeitet, aber ich kann keine größeren Mengen an jodhaltigem Fleisch in den Inhaltslisten entdecken und suche nach einem Hinweis. Vielleicht haben Sie ja einen Tipp:

    • Feivel sagt:

      Hallo,
      ist zwar eine Weile her, aber ich stutzte trotzdem gerade, wenn ein 26 Kg Hund alle 1,5Wochen einen ganzen Kehlkopf bekommt, würde es mich nicht wundern, wenn der Jodgehalt im Blut deshalb zu hoch ist.
      Wenn man in etwa nach dem Beutetierprinzip arbeitet, also die Sachen in der Menge füttert, wie sie in etwa im Tier vorkommen und dann nimm eine, sagen wir 600 Kilokuh, die ja nur einen Kehlkopf hat und rechne mal durch, wie oft Dein Hund Kehlkopf fressen würde. Man kommt hier auf wesentlich größere Zeiträume als 1,5 Wochen, sprich, es sollte wesentlich weniger Kehlkopf geben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert