BARF Mythos #3: Nicht alle Nährstoffe im richtigen Verhältnis

BARF-Ration Futternapf

Beim Thema Hundefütterung scheiden sich die Geister. Jeder Hersteller ist der Meinung, das beste Futter zu produzieren und jeder Tierarzt ist sich sicher, das beste Futter zu empfehlen. Dabei gerät immer wieder das Thema BARF in die Kritik. Es gibt eine Reihe von Mythen um diese Ernährungsform, die jedoch meist in das Reich der Märchen und Sagen gehören, aber dennoch oft von Kritikern aufgeführt werden.

BARF Mythos #4: Beim Barfen kann man nicht sicherstellen, dass alle Nährstoffe in jeder Mahlzeit im richtigen Verhältnis vorliegen, deswegen führt BARF zu Fehl-, Unter- oder Überversorgungen

Das ist eine Aussage, die gern von Futtermittelherstellern, aber auch von Tierärzten angebracht wird. Der Hund müsse in jeder Mahlzeit, jeden erdenklichen Nährstoff im exakt richtigen Verhältnis vorfinden. Dies könne nur mit Fertigfutter sichergestellt werden.

Offenbar scheint aber der Hund einzige Lebewesen auf dieser Erde zu sein, der in jedem Futterbrocken eine homogene Zusammensetzung vorfinden muss, denn weder wild lebende Hunde, noch der Wolf, noch Menschen ernähren sich auf diese Weise…

Man stelle sich vor, man müsste sich Sorgen machen, weil man zum Frühstück nur ein Müsli, mittags Spaghetti mit Tomtensoße und abends einen Salat gegessen hätte: zu wenig Protein, zu wenig Magnesium, zu wenig Calcium, … Nein, man isst einfach am nächsten Tag zum Frühstück einen Joghurt mit einer Banane, mittags ein Steak mit Kartoffeln un Pilzen und abends einen Käseteller und schon sieht die Ernährungsbilanz über die zwei Tage schon ganz anders aus.

Einen Blick auf die Ernährung (unregelmäßige, oft einseitige Nahrungsaufnahme) des Wolfes, der so eng mit dem Haushund verwandt ist, dass insbesondere der Verdauungskanal nahezu identisch ist, spare ich mir an dieser Stelle. Denn ein Hund ist nun einmal kein Wolf. Der Energiebedarf ist geringer, die Lebensumstände sind völlig anders und ein Chihuahua sieht nun einmal gar nicht aus wie ein Wolf. Betrachten wir lieber ganz konkret den Haushund.

Die Ernährung des Hundes in der Vergangenheit

Irgendwann, vor tausenden von Jahren schloss sich der Wolf dem Menschen an und entwickelte sich zum Haushund wie wir ihn heute kennen. Man schätzt, dass es den Haushund  seit etwa 10.000 Jahren gibt.1 Das erste „Fertigfutter“ für Hunde wurde 1860 (Spratt’s Patent Meat Fibrine Dog Cakes) entwickelt – also nicht bereits vor 10.000 Jahren. Bis in Industrieländern dessen flächendeckende Ausbreitung begann, vergingen noch einmal fast 100 Jahre, in machen Ländern sogar noch mehr…2 Wie hat der Hund es bloß geschafft, so viele tausend Jahre zu überleben, ohne dass er in jeder Mahlzeit alle Nährstoffe im optimalen Verhältnis vorfand? Wie konnte er nicht nur überleben, sondern sogar so ernährt werden, dass er als Arbeitstier (Schlittenhund, Jagdhund, Zugtier) große Leistungen erbringen konnte?

Nicht nur, dass es nicht alle Nährstoffe im richtigen Verhältnis vorlagen, es gab oftmals überhaupt nichts Gutes. Denn der Hund bekam Essensreste und diese entsprachen natürlich den Lebensbedingungen der damaligen Hundehalter – und die waren nun einmal oft sehr einfach. Kein Mensch achtete darauf, dass Hunde in jeder Mahlzeit alle Nährstoffe im optimalen Verhältnis vorfanden, auch wenn es bereits vor 3.000 Jahren Luxushunde gab, die ganze spezielle Mahlzeiten genießen durften.

Weder in meinem ältesten Hundebüchern (Walther Busack „Die Hunderassen in Wort und Bild“, 1943 oder Prof. Dr. W. F. Donath „Hunde – gesund ernährt“, 1960) noch in modernen, wissenschaftlichen Publikationen (Helmut Meyer/Jürgen  Zentek, „Ernährung des Hundes“, 2010) konnte ich die Anforderung  „alle Nährstoffe in jeder Mahlzeit im richtigen Verhältnis“ finden. Demzufolge scheint eine derartige Rationsgestaltung nicht nötig zu sein.

Zusammensetzung der Nahrung mit BARF

Man wird nicht in jeder BARF-Mahlzeit alle Nährstoffe im optimalen Verhältnis zusammenstellen können, aber das ist auch gar nicht nötig.

Bayo bekommt an dem meisten Tagen 300 g Muskelfleisch, 140 g Pansen, 100 g Innereien, 100 g fleischige Knochen, 150 g Gemüse, 50 g Fett und ein paar Zusätze, nämlich 0,9 g Seealgen, 1 EL Omega-3-6-Öl und zwei Mal pro Woche Lebertran. Damit erhält er fast täglich einen Großteil aller wichtigen Nährstoffe, Energie und auch Ballaststoffe, die er benötigt.

Von bestimmten Nährstoffen gibt es an einigen Tagen mal mehr, mal weniger. So gibt es an manchmal 100 g Rinderleber (reich an Vitamin A) und dann wieder 100 g Rinderniere (reich an Selen), aber der Bedarf wird über einen Zeitraum von wenigen Tagen dennoch gedeckt.

Einige Kritiker selbst erstellter Futterrationen führen an, dass die stoßweise Deckung des Nährstoffbedarfs zu Problemen führen kann. Dabei nennen sie Beispiele wie ich es auf einer Website fand:

„Beispiel: Die Deckung des Calciumbedarfs über die stoßweise Verabreichung des 10-fachen Tagesbedarfs (z.B. durch Knochenfütterung) alle 10 Tage zu einer ansonsten calciumarmen Ration (mit vielleicht noch falschem Ca:P-Verhältnis) kann die hormonelle Mineralstoff-Regulation (Calcitonin, Parathormon, Cholecalciferol) im Körper aushebeln und die Verwertung anderer Elemente (Kupfer, Zink , die sowieso schon oft unterversorgt sind) behindern.“3

Was hat eine derartige Vorgehensweise mit BARF zu tun? Würde ich Bayo nur alle 10 Tage seine Knochenration geben, dann  müsste der arme Kerl fast 1 kg Knochen auf einmal fressen, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Verstopfung führen würde. Ebenso verhält es sich, wenn man die Innereien-Ration nur alle 10 Tage verabreichte, nur dass diese wahrscheinlich zu Durchfall führen würde. Würde ich Bayo nur alle 10 Tage seine Gemüseration kredenzen, ließe er vermutlich den gefüllten Napf stehen…

Es ist ganz und gar nicht die Idee von BARF, die Einzelbestandteile in derart großen Portionen auf derart lange Zeiträume zu verteilen. Die meisten Barfer füttern die Knochen- oder Innereienportion verteilt auf 3 Tage pro Woche, d. h. der Hund erhält nur an jedem zweiten Tag mal etwas mehr, mal etwas weniger Calcium, aber auf 2 Tage verteilt beträgt das Ca:Ph-Verhältnis wieder 1,5. Das ist einerseits überhaupt nicht mit dem düsteren Szenario zu vergleichen, welches im o.g. Zitat aufgezeigt wird und ist andererseits für einen Körper auch unproblematisch, da der nicht auf einen exakt kontinuierlichen Zufluss sämtlicher Nährstoffe angewiesen ist.

Fazit

Es ist gar nicht nötig, dass in jeder Mahlzeit, die ein Hund zu sich nimmt, alle Nährstoffe im optimalen Verhältnis vorliegen müssen. Daher spielt es auch keine Rolle, dass eine BARF-Mahlzeit nicht vollkommen homogen zusammengesetzt ist. Kein Tier auf dieser Welt ernährt sich auf diese Weise. Eher wird über eine abwechslungsreiche Ernährung ein ausgewogener Zufluss an Nährstoffen verteilt auf mehrere Mahlzeiten sichergestellt.

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1 Ziemen, E. (2010): “Der Hund”, S. 125.
2 Thurston, M.E. (1996):  „The Lost History of the Canine Race“, S. 235 ff.
3 http://www.heiltierarzt.de/hunde-katzen-richtige-ernaehrung/barfen-biologisch-artgerechte-rohfuetterung.htm

2 Meinungen zu “BARF Mythos #3: Nicht alle Nährstoffe im richtigen Verhältnis

  1. Paula sagt:

    Hallo,
    ich habe kürzlich diesen blog entdeckt und finde ihn überaus informativ, Großes Lob.
    Dennoch bin ich zunehmend unsicher, ob wir unserem Hund (Jack Russell) wirklich gerecht werden. Wir füttern seit Jahren BARF und bisher hatten wir immer denEindruck, unserem Hund geht es gut.
    Sie ist jetzt 12 Jahre alt und die Zähne lassen nach, sprich wenig Knochen, Fellohren mag sie garnicht mehr.
    Wir wohnen ländlich, daher ist das Angebot an Fleisch eher eingeschränkt, wir bekommen gewolfftes, tiefgefrohrenes Fleisch, 500 Gramm-weise. Einmal aufgetaut mischen wir es mit unterschiedlichen Gemüsen, Ölen, Kräutern und verfüttern es dann über ca. 3 Tage. Leider gibt es kaum Fleischmischungen mit angepasster Innereienmenge, ich bekomme jetzt welche vom Metzger (Leber, Niere). Knochen erhält sie nur noch 1-2 Mal im Monat (Hühnerkarkasse) und 2 Mal die Woche ein Stück getrocknete Kaninchenrippen. Ich möchte damit zu Ausdruckbringen, dass es in manchen Gegenden und mit kleinen Hunden nicht ganz einfach ist, zu barfen und, da sie zunehmend “verwirrt” wirkt, müde und spazierunlustig, habe ich die Befürchtung, dass ihr etwas fehlt. Vielleicht fehlt es mir ja auch nur an Kreativität aber, wie finde ich heraus, ob ihr Nährstoffe fehlen?? Großes Blutbild vor einigen Wochen war unauffällig.

    • Nadine Wolf sagt:

      Bestell das Fleisch doch einfach in einem Online-BARF-Shop. Die haben mittlerweile alles. Und man braucht auch keine fertigen Mischungen, das kann man selbst machen.
      RFK (Hühnerkarkasse) bekommt man in jedem Supermarkt.

      Ob Nährstoffe fehlen, sieht man zuerst am Fell. Angenommen, der Körper hat nicht genug Zink oder Vitamin B2. Dann wird er diese Nährstoffe nicht in “hübsches” Fell investieren, sondern setzt sie erst einmal dort ein, wo sie am wichtigsten sind, also Zink z. B. für das Immunsystem. Man bemerkt es auch an erhöhter Infektanfälligkeit, Krämpfen, Abgeschlagenheit usw. Aber, es ist eben auch so, dass Fellprobleme und die anderen genannten Auffälligkeiten ebenso Resultat einer Erkrankung sein können. Wenn ein Hund bestens mit Nährstoffen versorgt ist, kann er natürlich trotzdem eine Schilddrüsenunterfunktion entwickeln, die dann zu all diesen Problemen führt. Es gibt zahlreiche Erkrankungen, die die von Dir geschilderten Probleme hervorrufen können. Das müsste man mal genau untersuchen.

      Sofern Deine Ration richtig gestaltet ist (z. B. 1-2-mal im Monat Knochen klingt mir viel zu wenig, die RFK-Menge verteilt man pro Woche auf mindestens 3 Tage und wenn es keine Knochen gibt, muss man stattdessen Knochenmehl geben), ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass es am Futter liegt.

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