von Nadine Wolf
aktualisiert am 12.11.21
Das Thema Nachhaltigkeit ist zurecht in aller Munde. Dabei wird auch die Haltung von Tieren durchaus kritisch betrachtet, sowohl die von “Nutztieren” als auch jene von Haustieren. Jeder Mensch hinterlässt allein aufgrund seiner schieren Existenz einen mehr oder weniger großen ökologischen Fußabdruck. Tiere zu halten, geht natürlich mit einem größeren CO2-Ausstoß einher, als gänzlich auf Tierhaltung zu verzichten. Dies trifft insbesondere auf fleischfressende Tiere wie Hunde und Katzen zu, weshalb deren Haltung und Ernährung in der Kritik steht.
Fleischkonsum als Klimakiller
Es ist bekannt, dass die massenhafte Haltung von Nutztieren alles andere als klimaneutral ist. Die Tierhaltung verbraucht Unmengen an Wasser und andere Ressourcen. Beispielsweise werden 70 bis 75 % der weltweiten Sojaernte für Tierfutter verwendet. Außerdem entstehen große Mengen an Gülle, was zu einer Nitratbelastung der Böden führt. Die Nutztiere stoßen auch Treibhausgase aus (z. B. Methan, CO2). Zwar ist die Landwirtschaft in Summe kein Klimatreiber, denn sie fixiert natürlich durch den Anbau von Pflanzen auch CO2, dennoch gilt Tierhaltung – wie sie in intensiver Haltung betrieben wird – als wenig nachhaltig. Obendrein muss man sich auch mit tierethischen Fragen auseinandersetzen.
Demnach stellt sich die Frage: Wie kann man seinen Hund nachhaltig füttern, vor allem, wenn man barft? Ist unter diesen Gesichtspunkten eine fleischbasierte Ernährung überhaupt vertretbar, oder sollten die Vierbeiner aus Umweltschutzgründen lieber vegan ernährt werden? Es ist bekannt, dass die vegane Ernährung für Fleischfresser nachteilig ist und für betroffene Tiere mit gesundheitlichen Problemen einhergehen kann. Macht es Sinn, das in Kauf zu nehmen? Und reduziert eine pflanzenbasierte Ernährung von Hunden überhaupt den ökologischen Fußabdruck?
Beim menschlichen Bedarf stellt sich diese Frage nicht: Je mehr Menschen Fleisch essen wollen, desto schlechter ist dies für die Umwelt und das Tierwohl. Entscheiden sich immer mehr Menschen für eine vegane Ernährung, hat dies natürlich einen Einfluss, denn letztlich steuert die Nachfrage nach fleischbasierten Lebensmitteln die Schlachtzahlen. Hier gilt es allerdings bei der Ernährung von Haustieren zu differenzieren.
Für Hundefutter wird nicht extra geschlachtet
Für Tierfutter werden in der Regel nicht extra Tiere gezüchtet und geschlachtet, auch für BARF-Fleisch nicht. In Deutschland fallen jährlich fast 5 Millionen Tonnen s. g. Schlachtnebenprodukte aus der Lebensmittelproduktion an. Dies hat beispielsweise mit der geringen Schlachtausbeute zu tun. Diese beträgt z. B. bei Rindern oder Schafen nur ca. 50 %. Im Grunde bedeutet dies, dass um den menschlichen Bedarf zu decken, mindestens ein halbes Schlachttier “nutzlos” das Klima belastet. Was Menschen vom Schlachttier nicht konsumieren, wird als Schlachtnebenprodukt eingestuft. Man unterscheidet hier nach 3 Kategorien. Nebenprodukte aus der Kategorie 3 sind im Gegensatz zu K1 und K2-Material unbedenklich, da sie von gesunden Tieren stammen. K3-Material können zum Beispiel Komponenten sein, die entweder von Menschen nicht nachgefragt werden (z. B. Pansen, Innereien, Knochen, Knorpel) oder für genussuntauglich erklärt wurden. Nicht alles davon ist tatsächlich auch unbrauchbar.
Warum wird Fleisch aussortiert?
Eine ganze Reihe von Faktoren führt dazu, dass eine Einstufung als genussuntauglich erfolgt, auch wenn es sich zum Beispiel um Muskelfleisch handelt. So kann selbst das feinste Stück Lende zu K3-Material werden: Wird beim Transport von Fleischprodukten z. B. die Kühlung nur für ein paar Minuten unterbrochen, wird die ganze Ladung für genussuntauglich erklärt. Weitere Gründe sind z. B. dass das Schlachttier abgemagert oder zu gestresst war oder das Fleisch eine unpassende Farbe hat oder von der Einstichstellen beim Schlachten stammt (Stichfleisch). Auch das Fleisch von Zuchtebern landet oft nicht auf menschlichen Esstellern. Denn das Fleisch von unkastrierten Ebern entwickelt einen starken Eigengeruch (s. g. Ebergeruch), sodass es mitunter genussuntauglich ist (Schweinefleisch spielt bei BARF keine Rolle, aber für Tierfutter allgemein ist es relevant).
Das Fleisch von alten Milchrindern oder beispielsweise Zuchttieren wie Hähnen wird ebenfalls nicht immer für die Lebensmittelproduktion eingesetzt. Altersbedingt liefern sie nicht ausnahmslos “schmackhaftes” Fleisch, werden aber dennoch geschlachtet, weil sich eine weitere Haltung finanziell nicht lohnt.
Es fallen auch Teile aus Überproduktion an, die einfach nicht rechtzeitig vermarktet werden konnten oder bestimmte Anforderungen nicht erfüllen. Der Handel macht beispielsweise sehr genaue Vorgaben, was Größe, Gewicht und Aussehen der Lebensmittel anbelangt. Tierische Produkte, die davon abweichen, werden nicht abgenommen und müssen “entsorgt” werden. Was dem Verbraucher bereits im Hinblick auf Gurken bekannt ist, wird auch bei Fleisch so gehandhabt. So kommt es dazu, dass beispielsweise eigentlich genusstaugliche Entenbrüste oder Putenkeulen nicht in den Handel gelangen, weil sie die falsche Form haben oder zu groß oder zu klein sind.
Was geschieht mit den Schlachtabfällen?
Schlachtnebenprodukte fallen immer aus der Produktion für den menschlichen Bedarf an, solange Menschen Fleisch nachfragen. Das geschieht unabhängig von der Hundehaltung und -fütterung. Für 2017 wurden z. B. 280.000 Tonnen genießbare Nebenprodukte und noch einmal 240.000 Tonnen Schlachtabfälle allein für Rinder gemeldet. Ein Teil solcher Schlachtnebenprodukte kann aber durchaus von Hunden gefressen werden, wenn sie ansonsten in Ordnung (also kein „Gammelfleisch“) sind. Geschieht dies nicht, müssen die Reste anderweitig “entsorgt” werden. Anstelle sie als Hundefutter zu verwenden, werden sie dann verbrannt oder zu Dünger verarbeitet (was ebenfalls nicht klimaneutral ist). Die Entsorgung solcher Schlachtabfälle führt daher zu mehreren Nachteilen – aus ethischer, ökologischer und ökonomischer Sicht. Auf diese Weise lebt und stirbt “ein halbes” Nutztier im Grunde umsonst, denn es wird nicht alles verwertet, sondern die Hälfte entsorgt. Von einem Rind, was beispielsweise 800 kg wiegt, würden also 400 kg das Klima und die Umwelt belasten, nur um anschließend verbrannt zu werden…
Ist Verzicht auf fleischbasierte Nahrung die Lösung?
Gäbe es keinerlei Schlachtabfälle, so wäre die fleischbasierte Ernährung von Hunden selbstverständlich aus Klimasicht eine große Zusatzbelastung. Verzichtet man allerdings auf die fleischbasierte Ernährung von Hunden, obwohl ausreichend Schlachtnebenprodukte zur Verfügung stehen, ist dies aus ökologischer und tierethischer Sicht nicht vertretbar. Dies würde dazu führen, dass Schlachtabfälle entsorgt werden müssten und zusätzliche Ressourcen verbraucht würden. Vor allem das Ausweichen auf ovo-lacto-vegetarische Varianten also Eier und Milchprodukte schafft zusätzliche Nachfrage nach solchen Produkten, was ökologisch nachteilig ist und weiteres Tierleid hervorruft. Denn die Haltung von Milchrindern zieht eine Trennung beziehungsweise Schlachtung von Kälbern nach sich. Die Legehennenzucht bringt männliche Küken hervor, die entweder direkt den Tod finden oder erst gemästet und dann geschlachtet werden. Selbst die die Produktion veganer Produkte ist nicht gänzlich klimaneutral. Auch ist eine vegane Ernährung für Fleischfresser ethisch fragwürdig, denn auch ein Hund hat ein Recht auf artgerechte Ernährung.
Es ist also wichtig, bei der Ernährung von fleischfressenden Tieren darauf zu achten, kein Fleisch einzusetzen, was für den menschlichen Verzehr gedacht ist. Kauft man das Fleisch für den Hund im Supermarkt oder beim Fleischer, so erhöht dies die Nachfrage nach weiteren Schlachttieren. Das Verfüttern von Milchprodukten und Eiern steigert die Nachfrage nach derartigen Lebensmitteln. Es ist wesentlich sinnvoller, für Hunde tierische Produkte einzusetzen, die ohnehin schon da sind, aber für genussuntauglich erklärt oder von Menschen nicht nachgefragt werden, solange es sich nicht um “Gammelfleisch” handelt. Hier sind BARF-Shops die richtige Anlaufstelle oder auch Schlachthöfe, die Schlachtnebenprodukte verkaufen. Es gibt auch Bauern mit eigener Schlachtung, die solche Reste für Vierbeiner anbieten. Dieser „Abfall“ stellt für Hunde eine gute Nahrungsgrundlage dar. Wenn schon ein Tier sterben muss, so sollte man wenigstens so viel davon verwerten wie möglich.
Quellenangaben
- https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/warum-sojawurst-nicht-dem-regenwald-schadet
- https://www.topagrar.com/acker/news/carbon-farming-der-co2-saldo-ist-entscheidend-12676521.html?fbclid=IwAR2MG75nnyaREkS1-zAYZZB7hzXyrUxUhdc-AFRRwXcSCjm3CxZjvPdiwkM
- https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/iem/dateien/2018_10_09_praesentation_sutor.pdf?fbclid=IwAR3qGv9thqm1TuNEkytAqg7uREMbA4-tVOe18DV76ok8XxNkkhVsLdz9jBs
- https://www.dlg.org/de/lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen-sensorik/eberfleisch-basiswissen
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30785187/
- https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019R0627&from=DE
Als wär‘s Schicksal, heiße ich ausgerechnet Wolf. Nadine Wolf. Wolf wie BARF. Vierbeiner, vor allem ihre artgerechte Ernährung, sind Job und Leidenschaft zugleich. Ob als Autorin, Bloggerin, Kolumnistin, Dozentin oder auch Tierheilpraktikerin, alles dreht sich bei mir um Hunde und deren Gesundheit. Folge mir, um mehr zu erfahren…