Studienlage: Der Wolf, der Hund und die Kohlenhydrate

Studie Hund Wolf Kohlenhydrate

Wenn es um Kohlenhydrate in der Hundeernährung geht, scheiden sich die Geister. Die einen sind der Meinung, Kohlenhydrate gehörten nur in untergeordneten Mengen in die Nahrung eines Beutefressers, andere sind der Überzeugung, man müsse Hunde mit einem Kohlenhydratanteil von über 50 % ernähren. Letztere Gruppe stützt ihre Argumentation dabei die Ergebnisse einer Studie unter der Leitung des schwedischen Forschers Erik Axelsson aus dem Jahr 2013[1]. Diese untersuchte, ob Hunde mehr Gene zur Verwertung von Kohlenhydraten sowie eine erhöhte Amylase-Aktivität haben als Wölfe und kam zu dem Schluss eine kohlenhydratreiche Fütterung die Domestikation des Hundes überhaupt erst ermöglicht hätte.[2] Dieses Argument wird seitdem in verschiedenen Publikationen, Marketingunterlagen, Facebook-Kommentaren, ja, sogar im letzten Test Stiftung Warentest hervorgebracht. Was viele nicht zu wissen scheinen: Die Ergebnisse der vielzitierten Studie wurden bereits 2014 und nochmals 2016 relativiert und zwar unter Mitwirkung von Erik Axelsson selbst. Warum nur erwähnt das keiner?

Ergebnisse der ersten Studie

Hund Verdauung KohlenhydrateIn der zuerst durchgeführten Studie wurde untersucht, inwieweit sich welche Gene des Wolfes im Rahmen seiner Domestikation hin zum heutigen Haushund, verändert haben. Daraus ging unter anderem hervor, dass bestimmte Gene, die im Zusammenhang mit der Kohlenhydratverdauung stehen (z. B. das Gen AMY2B), mutierten und bei Hunden nun in größerer Kopienzahl (4-30) auftreten als bei Wölfen (2 Kopien). Die Hunde zeigten auch eine höhere Amylase-Aktivität im Serum, allerdings im Durchschnitt nur um den Faktor 4,7 erhöht, obwohl durchschnittlich wesentlich mehr Genkopien vorhanden sind. Ursächlich dafür sei eine stärkereiche Ernährung der Vorfahren unserer Hunde gewesen, die in der Nähe menschlicher Behausungen von Abfällen ernährt hätten. Aus diesen Erkenntnissen wurde letztendlich geschlussfolgert, dass Hunde „in höherem Maße“ in der Lage wären, Kohlenhydrate zu verstoffwechseln als Wölfe und dass diese Anpassung einen entscheidenden Schritt in der Domestikation des Hundes dargestellt hätte.

Im Übrigen wurde nicht untersucht, was genau „in höherem Maße“ bedeutet. Das war auch gar nicht Ziel der Studie. Es war also auch nach dieser Studie nicht klar, wie hoch der anzusetzende Kohlenhydratanteil in der Nahrung nun sein sollte. Es wurde untersucht, wie hoch die Amylase-Aktivität der Tiere im Serum war, aber es wurde nicht unterschieden, die wie die untersuchten Tiere ernährt und gehalten wurden. Die Amylase-Aktivität in der Bauchspeicheldrüse ist aber von der Ernährung abhängig. Die Zusammensetzung des Bauchspeichels passt sich an die Nahrungszusammensetzung an – mehr Kohlenhydrate im Futter erhöht die Amylase-Aktivität. Selbst bei obligaten Fleischfressern wie Katzen findet eine solche Anpassung statt. Dies sind nur einige Kritikpunkte an der Verwendung dieser Studie als Argumentationsgrundlage für eine sehr kohlenhydratbetonte Ernährung des Hundes. Ziel dieser Studie war nicht, herauszufinden, ob große Kohlenhydratmengen überhaupt sinnvoll sind. Aus dieser Studie kann man dies nicht ableiten, genau dafür wird sie aber immer wieder “missbraucht”.

Abgesehen davon, wurde natürlich auch in Frage gestellt, wie Hunde zum Zeitpunkt ihrer Domestikation auf große Kohlenhydratmengen hätten zugreifen können, um sich genetisch daran anzupassen. Die Domestikation des Hundes begann, so vermutet man, vor 20.000–40.000 Jahren an verschiedenen Orten der Erde unabhängig voneinander (auch hier scheiden sich die Geister). Funde eines ca. 33.000 Jahre alten Schädels, aus dessen DNA-Analyse hervorging, dass er näher mit heutigen Hunden als mit dem Wolf verwandt ist, belegen dies. [3] Ein Blick in die Geschichtsbücher lässt doch Fragen an den Schlüssen der Studie aufkommen, denn die so genannte neolithische Revolution, also der Wandel der Lebensweise des Menschen weg von Dasein als Jäger und Sammler hin zur Sesshaftigkeit und damit die Anfänge des Ackerbaus fanden etwa vor 12.000 Jahren statt – in Abhängigkeit von der Region unterschiedlich. Da waren Hunde vermutlich bereits seit mindestens 20.000 Jahren domestiziert. Weder Menschen, noch Wölfen standen also mangels Ackerbau in den Anfängen der Domestikation große Kohlenhydratmengen zur Verfügung, an die eine Anpassung hätte erfolgen können.

Aufgrund solcher Unklarheiten der Studie wurde sie nicht nur vielzitiert, sondern auch in erheblichem Maße kritisiert. Vielleicht erfolgte auch aus diesem Grund eine zweite Untersuchung, bei der Erik Axelsson ebenfalls mitwirkte und in welcher die Ergebnisse stark relativiert wurden. Natürlich wurde um diese Studie nicht so viel Wind gemacht…

Ergebnisse der zweiten und dritten Studie

In 2014 wurde unter dem Titel „Amylase activity is associated with AMY2B copy numbers in dog: implications for dog domestication, diet and diabetes“ eine weitere Studie zum Thema Stärkeverdauung veröffentlicht. Diesmal unter der Leitung von Maja Arendt, aber auch der Autor der ersten Studie, Erik Axelsson, war Mitglied des Forscherteams. Untersuchungsgegenstand der zweiten Studie war inwieweit die Kopienanzahl eines Gens namens AMY2B, welches eine Rolle bei der Stärkeverdauung spielt, sich auf die Amylase-Aktivität (Enzym zur Stärkeverdauung) in der Bauchspeicheldrüse des Hundes auswirkt und ob dahingehend Schlussfolgerungen auf die Entstehung von Diabetes getroffen werden können und wie sich das auf die Domestikation ausgewirkt haben könnte.

Das Ergebnis der Untersuchung lautete neben anderen Erkenntnissen, dass die Kopienanzahl des Gens AMY2B innerhalb der Hundepopulation extrem schwankt. Ob Hunde über eine höhere Kopienanzahl verfügen, hängt laut der Untersuchung extrem stark von der Rasse und dem individuellen Tier ab. Die Ergebnisse unterschieden sich jeweils signifikant, wobei jedoch die Rasse zu 50 % die Genausstattung bestimmen soll. So hätten Samoyeden, mit einer durchschnittlichen AMY2B-Kopienzahl von 6,8, nicht einmal halb so viele wie etwa Deutsche Schäferhunde (15,7). Aber auch innerhalb der Rassen lagen erhebliche Unterschiede vor. Das relativiert die Ergebnisse der ersten Studie, die diesbezüglich keine Unterscheidung vornahm, sondern von Hunden allgemein  ausging. Eine zwei Jahre später, 2016, ebenfalls von Maja Arendt und auch Erik Axelsson veröffentlichte Studie mit dem Titel “Diet adaptation in dog reflects spread of prehistoric agriculture”, kam sogar zu dem Schluss, dass vor allem bei ursprünglichen Hunderassen nur 1 oder 2 Kopien des AMY2B-Gens vorhanden sind, also die gleiche Anzahl wie bei Wölfen. Außerdem fand man heraus, dass es auch Wölfe zu geben scheint, die mehr als 2 Kopien des Gens besitzen.

Hunde haben also NICHT generell eine größere Kopienanzahl von Genen zur Stärkeverdauung als Wölfe! Damit dürfte auch die Fähigkeit zur Kohlenhydratverdauung erheblich schwanken und sehr individuell ausgeprägt sein. Ganz davon abgesehen, kann aus einer genetischen Ausstattung auch nicht unbedingt die Notwendigkeit einer bestimmten Ernährung geschlossen werden. Auch Wölfe und sogar Katzen sind in der Lage Kohlenhydrate zu verstoffwechseln. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass eine Notwendigkeit kohlenhydratreicher Ernährung sinnvoll ist. Auch die Kopienanzahl von Genen sagt nichts darüber aus – Gene können aktiviert und inaktiviert werden – es wird “abgeschaltet”, was nicht gebraucht wird. Die genetische Ausstattung zeigt hier nur, dass Hunde – je nach Rasse und Individuum – auch in der Lage sind, sich an kohlenhydratreiche Nahrung anzupassen, um zu überleben. Dies ist nicht gleichzusetzen mit einer Notwendigkeit einer solchen Ernährung.

Verbreitungsgrad der Ergebnisse

Warum die zweite Studie wesentlich weniger Beachtung fand als die erste, darüber lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise lag es an der Bekanntheit des Veröffentlichungsmediums (Nature vs. Animal Genetics). Ein weiterer Grund könnte sein, dass die zuerst veröffentlichten Ergebnisse von Herstellern stark kohlenhydrathaltiger Fertigfutter oder Befürworter einer solchen Fütterung wesentlich besser marketingseitig genutzt werden können. Aus dieser Richtung rührte nämlich auch die massive Verbreitung der Untersuchungsergebnisse. Viele Hersteller verwiesen auf die Daten, um einen sehr hohen Kohlenhydratanteil in ihrem Futter zu rechtfertigen. Da die neuen Ergebnisse die gewünschte These nicht mehr stützen, liegt es nahe, dass sie unerwähnt bleiben… Ein Schelm, wer Böses dabei denkt 😉

Fazit

Ob ein Hund mehr Gene hat, die im Rahmen der Kohlenhydratverdauung eine Rolle spielen, als ein Wolf und damit in höherem Maße zur Verwertung von Stärke in der Lage ist, ist individuell unterschiedlich. Die Genausstattung hängt zu 50 % von der Rasse und zur Hälfte von anderen individuellen Faktoren ab, die nicht näher bekannt sind. Aus den derzeit vorhandenen Studienergebnissen kann also nicht geschlossen werden, dass Hunde generell dazu in der Lage sind, große Kohlenhydratmengen zu verwerten. Einige Hunde haben die notwendige genetische Ausstattung, andere nicht.

Wer also darüber nachdenkt, die Hälfte der Futterration des Hundes durch Stärkelieferanten zu gestalten, sollte vorher sicherheitshalber einen Gentest machen, um sicherzugehen, dass der eigene Hund damit auch wirklich zurecht kommt 😉

Im Übrigen ist eine vorhandene Fähigkeit nicht gleichzusetzen mit einem etwaigen Bedarf. Nur weil ein Hund gegebenenfalls mehr Gene zur Kohlenhydratverdauung hat als ein Wolf, heißt das nicht, dass er zwingend mehr Kohlenhydrate aufnehmen sollte oder gar muss. Hunde sind schließlich auch in der Lage, Rohrzucker zu verdauen (ein 30 kg schwerer Hund bis zu 150 g am Tag, also 10 EL). Dennoch käme kein vernünftiger Mensch auf die Idee, überhaupt Zucker zu verfüttern, geschweigedenn solche Mengen. Insgesamt sollte man als Hundehalter in Betracht ziehen, dass große Mengen an Kohlenhydraten – unabhängig von der Genetik – immer auch Nachteile mit sich bringen können. Mehr dazu hier.

Hund Kohlenhydrate Verdauung

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Quellen:
[1] Axelsson, E. et al. (2013): The genomic signature of dog domestication reveals adaptation to a starch-rich diet
[2] Vilà, C. et al. (1997): Multiple and ancient origins of the domestic dog
[3] Thalmann O. et al (2013): Complete mitochondrial genomes of ancient canids suggest a European origin of domestic dogs

22 Meinungen zu “Studienlage: Der Wolf, der Hund und die Kohlenhydrate

  1. Nadine Wolf sagt:

    Die Methodik der Studie ist schon fehlerhaft… zu wenige Tiere untersucht, nicht darauf geachtet, was die Tiere überhaupt zu fressen bekamen – also Epigenetik komplett missachtet, die Domestikation auf hohe KH-Mengen zurückzuführen, obwohl historisch ganz klar belegt ist, dass es zu dem Zeitpunkt noch keine nennenswerten KH-Lieferanten gab, keine Vergleiche zu reinen Pflanzenfressern durchzuführen etc. Das ist methodisch schon fragwürdig und das sind ja nur die Dinge, die mir als Laie schon auf den ersten Blick aufstoßen. Wer weiß, welche Fehler ein Wissenschaftler finden würden. Und wenn die Methodik einer Studie schon fehlerhaft ist, werden die Ergebnisse nicht richtiger. Die Schlüsse werden dann aber noch fehlerhafter oder wie Du es richtig bezeichnest "grottenfalsch" 😉

  2. Nadine Wolf sagt:

    So ist es, und Asiaten sind dazu nicht so wirklich in der Lage, weil ihnen dazu ein Enzym fehlt. Wenn man nun so vorgeht, wie die erste Studie zumindest im Hinblick auf Hundefutter gewertet wurde (das heißt ja nicht, dass das das Ziel der Studie war – sie wurde nur dafür verwendet), dann muss man daraus schließen, dass Du Dich zu 50 % von Alkohol "ernähren" solltest, weil Du schließlich über Enzyme verfügst, die Dich dazu befähigen, Alkohol effizienter abzubauen als Asiaten. Das ist doch ein super Argument für alle, die alkoholische Getränke verkaufen. Prost! 😉

  3. Anonym sagt:

    Jede Schlussfolgerung wirft neue Fragen auf:
    "… Die Anfänge des Ackerbaus sind also in eine Zeit von vor etwa 7.000 Jahren zurück zu datieren. Da waren Hunde bereits seit 3.000–33.000 Jahren domestiziert. Weder Menschen, noch Wölfen standen also mangels Ackerbau in den Anfängen der Domestikation große Kohlenhydratmengen zur Verfügung,…."
    Warum hat sich dann der Mensch angepasst und der Hund nicht? Und haben die Jäger und Sammler immer die Beeren und Früchte komplett aufgegessen und Fleisch für ihre Hunde übrig gelassen? Oder warum soll sich der Hund weniger angepasst haben?
    Hunde haben in den letzten 7.000 Jahren wesentlich mehr Generationen durchlaufen als Menschen, da sie eine kürze Lebenszeit haben und hatten somit mehr Generationen um sich anzupassen.
    Lediglich das mit den Samoyeden kann man nachvollziehen. Da sich nordische Völker auch heute noch mehr von Fleisch ernähren, da aufgrund des Klimas Ackerbau kaum möglich ist. Dementsprechend werden die Hunde auch tatsächlich nicht viele Kohlehydrate bekommen haben, die Menschen nämlich auch nicht. Mit Grönland Hunden wird es sich genauso verhalten.

  4. Nadine Wolf sagt:

    @Anonym: Die Frage ist doch, inwieweit sich Menschen wirklich daran angepasst haben…? Und natürlich auch, ab wann Hunde tatsächlich Kohlenhydrate bekamen…
    Und wir sprechen nicht von 7.000 Jahren, in denen Hunde Brote fraßen und sich an Kohlenhydrate anpassten. Die ANFÄNGE des Ackerbaus datieren 7.000 Jahre zurück. Anfangs wurde noch Feldgraswirtschaft betrieben und erst ab dem Mittelalter, also etwa 800 n. Chr. entwickelte sich die Dreifelderwirtschaft, sodass die Ertragsraten langsam stiegen. Etwa im 18. Jahrhundert kam es zu einer Ausweitung des Ackerbaus und neben Getreide wurden nun auch Kartoffeln und Mais angebaut. Bis zur Industrialisierung war der Anbau von Kulturpflanzen eine echte Knochenarbeit, die zudem vergleichsweise wenig ertragreich war. Damals wurden gerade einmal 2–3 dt Getreide pro Hektar erwirtschaftet. Das ernährt gerad einmal 2 Erwachsene. Heute liegen wir bei 50–70 dt/ha. Hast Du schon mal eine 1 ha große Fläche mit einer Sichel bearbeitet oder mit einer Sense? Ich ja… es ist grauenhaft! 😉 Würdest Du diese Ernte dann Deinem Hund geben (der draußen auch Ratten jagt, Knochen, Aas und zur Not auch Fäkalien frisst) oder selbst essen, weil Du sonst verhungerst…? Also bei aller Liebe zum Tier: Ich nicht. Und vermutlich haben es unsere Vorfahren genau so gehandhabt. Der Hund hatte ja noch nicht den Stellenwert wie heute. Erst seitdem Getreide billig und leicht zu verschaffen ist und man damit gute Gewinne erwirtschaften kann, wird es wirklich in großen Mengen an Hunde verfüttert. Schau Dir mal die Geschichte der Hundefütterung an. Dazu gibt es ein Buch (The Lost History oft he Canine Race).
    Dass das alles in nordischen Ländern noch viel schwieriger war, ist natürlich klar. Das erklärt sicherlich auch die grundsätzlichen Unterschiede zwischen nordischen und anderen Rassen. Aber wie sind die Unterschiede beim Einzeltier zu erklären?

    @Unknown: Das ist nicht so schlimm, Unknown. Das geht vielen Menschen so. Ich kenne mich damit auch nicht wirklich aus und war unsicher, ob ich das überhaupt im Artikel erwähnen soll. Daher habe ich ihn vor der Veröffentlichung von einer Biologin mit Spezialisierung auf Epigenetik lesen lassen. Sicher ist sicher 😉

  5. Olli sagt:

    Meine Meinung ist dass, unabhängig von irgendwelchen Studien, der Hund KH verdauen kann. Optimal ist Fett als Energieträger. Wenn aber mal paar KH im Futter sind kippt der Hund nicht gleich um. Manche Hunde kommen mit viel KH im Futter klar und andere nicht. Es kommt einfach auf den Hund an. Meine Präferenz geht aber immer Richtung Fett. Und noch was – solange der Kot i.O. aussieht, solange ist es i.O. – 3 mal am Tag kacken gehen lassen ist allerdings für mich nicht mehr i.O. (1x ist optimal) und geformter weicher Kot ist auch nicht optimal.
    Der Blick auf den Kot und das kritische Hinterfragen ob der jetzt noch ok ist, ist die "Gesunde Menschenverstand"-Methode um die Fütterung zu beurteilen (zumindest in Hinsicht auf Hauptbestandteile)

  6. Olli sagt:

    Epigenetik ist salopp gesagt das An- und Abschalten von Abschnitten in der DNA beeinflusst durch Umwelteinflüsse. Die Abschnitte der DNA werden eingerollt und übersprungen und nicht in RNA übersetzt (woraus dann Proteine gebastelt werden). Diese "Sprungmarken" können mit vererbt werden.
    Somit kann der Körper sich neben Zucht außerdem an Umwelteinflüsse anpassen.

  7. Nadine Wolf sagt:

    Du hast vollkommen recht, Olli. Es kommt eben drauf an. Aber genau dieser Umstand wird ja häufig vernachlässigt. Es wird gesagt: Gib doch Trockenfutter xy. Das enthält ja immer mindestens 40 % Kohlenhydrate. Und dann wird nicht geschaut, ob der Hund damit zurechtkommt oder ob Fett ein besserer Energielieferant für ihn wäre. Selbst wenn frisch gefüttert wird, sehe ich häufig, dass pauschal 30-50 % der Ration aus Kohlenhydraten bestehen soll. Wozu? Der Hund braucht sie nicht, auch wenn er sie verträgt und diese großen Mengen verdrängen einfach wichtige Nährstofflieferanten aus dem Futterplan. Eine Ration, die zu 2/3 aus Gemüse und Kartoffeln besteht, ist bei 2-4 % Futtermenge ohne Supplemente nicht mehr bedarfsdeckend. Das wird dann auch schnell vergessen. Reduziert man das einfach auf insgesamt 20 % der Ration und baut den Rest stattdessen auf wie ein Beutetier (also mit angemessenem Innereien-, Knochen und Fleischanteil), dann braucht man auf einmal kein Zusätze mehr, die sämtliche Vitamine und noch ein paar Mineralstoffe enthalten. Ein Schelm, der Böses dabei denkt…

  8. bonmotblock sagt:

    Vielen Dank für diesen detaillierten Artikel. Endlich – er spricht mir aus der Seele. Bei all der Wissenschaft, wird häufig vergessen, dass Gene nicht immer auch aktiv sind.
    Selbst wenn Hunde ein Gen zur Kohlenhydrat-Verdauung innehaben, bedeutet das noch lange nicht, dass dieses Gen auch arbeitet.

    Doch davon mal abgesehen, sind die industriell gefertigten Futtersorten, gelinde gesagt, ungesund.
    Was bei Menschen gerade als Hype aktiv ist – die Low Crab Ernährung. Und warum? Weil selbst der Mensch kaum in der Lage ist, langkettige Kohlenhydrate zu verbrauchen. Sie lagern sich auf den Hüften an.
    Dabei zeigt das menschliche Gebiss bereits, dass wir diese Nahrung zumindest für die Verdauung vorbereiten können.

    Der Hund hingegen kann das nicht. Kohlenhydrate sind zudem nicht alle gleich. Aus Gemüse kann er sie gut verwerten. Doch Süßgräser sollten vermieden werden. Das zumindest, sollte bei all der Aufklärung, den Wissenschaftlern endlich auch klar sein.

    Ist eigentlich bekannt, wer die Studie damals gesponsert hat? Ein Futterhersteller möglicherweise 😉

  9. Hundeprofil sagt:

    Zu behaupten, die Studie sei „fehlerhaft“, halte ich für ziemlich anmaßend. Nach wissenschaftlichen Maßstäben sind sowohl Methoden, als auch Interpretation der Ergebnisse völlig angemessen.

    „Vor allem aber wurde vernachlässigt, wie sich die Fütterung eines Hundes im Laufe seines Lebens auf dessen Erbgut auswirkt.“ Das war ja nicht die Fragestellung bei dieser Studie. Diese Studie ist die erste überhaupt, die sich mit diesem Thema beschäftigt hat. Selbstverständlich können damit nicht sofort alle Fragen beantwortet werden.

    „Es ist längst bekannt, dass es durch Umwelteinflüsse zu epigenetischen Veränderungen kommt, die sich natürlich auf die Gene auswirken, die letztendlich untersucht werden.“ Richtig. Aber was ändert das an der Aussage der Studie?

    „Diesmal unter der Leitung von Maja Arendt, aber auch der Autor der ersten Studie, Erik Axelsson, war Mitglied des Forscherteams“ Erik ist der Professor in dieser Arbeitsgruppe und damit selbstverständlich ein Co-Autor dieser Publikation.

    „Das muss man ihm hoch anrechnen, schließlich neigen Wissenschaftler sonst gern dazu, Erkenntnisse, die ältere Veröffentlichungen relativieren, nicht unbedingt zu publizieren.“ Äh, ne. Das wäre keine „good scientific practice“ zu der sich jeder Wissenschaftler verpflichten sollte. Für Gegenbeispiele bin ich gern offen.

    „Wer gibt schon gern öffentlich zu, falsch gelegen zu haben?“
    Ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommem, dass die Ergebnisse der ersten Studie falsch lagen? Die zweite Studie ist eine Spezifizierung der Ergebnisse der ersten Studie. So der heutige Kenntnisstand. Bis in irgendeiner Studie eventuell andere Ergebnisse erzielt werden und somit die Hypothese/ Theorie überdacht werden muss. So funktioniert Wissenschaft. In der Wissenschaft gibt es keinen Wahrheitsanspruch (im Gegensatz zu irgendwelchen Ernährungs- oder Trainingsphilosophien).

  10. Nadine Wolf sagt:

    Zu behaupten, die Studie sei „fehlerhaft“, halte ich für ziemlich anmaßend. Nach wissenschaftlichen Maßstäben sind sowohl Methoden, als auch Interpretation der Ergebnisse völlig angemessen.
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    Offensichtlich bin ich nicht die Einzige, die das so sieht. Die Studie wurde in wissenschaftlichen Kreisen sehr kritisch gesehen. Vor allem, das Fazit, was daraus gezogen wurde, ist nicht nachvollziehbar gewesen. Du schreibst in Deinem eigenen Artikel, dass die genetische Anpassung eher auf die später auftretende Landwirtschaft zurückzuführen als dass sie Grundlage der Domestikation gewesen sei… Jeder Laie bemerkt diesen Fehler: Getreide seit 7.000 Jahren, Domestikation des Hundes vor 10.000-40.000 Jahren… Und dann hältst Du die Interpretation der Ergebnisse, nämlich u. a., dass die Anpassung an Stärkeverdauung die treibende Kraft hinter der Domestikation gewesen sei, für nach wissenschaftlichen Maßstäben völlig angemessen? Dann sollte man vielleicht die wissenschaftlichen Maßstäbe anpassen…

    „Vor allem aber wurde vernachlässigt, wie sich die Fütterung eines Hundes im Laufe seines Lebens auf dessen Erbgut auswirkt.“ Das war ja nicht die Fragestellung bei dieser Studie. Diese Studie ist die erste überhaupt, die sich mit diesem Thema beschäftigt hat. Selbstverständlich können damit nicht sofort alle Fragen beantwortet werden.
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    Es ist nicht die Fragestellung der Studie, es geht um die Schlussfolgerung, die von irgendwelchen Leuten aus dieser Studie gezogen wurden. Wenn sich ein Befürworter der getreidebasierten Fütterung hinstellt und diese Studie als Argument verwendet, dann sollte dieser Aspekt berücksichtigt werden. Es geht in dem Artikel nicht um die Studie selbst, sondern darum, wozu sie missbraucht wurde… Das ist doch vollkommen klar!

    „Es ist längst bekannt, dass es durch Umwelteinflüsse zu epigenetischen Veränderungen kommt, die sich natürlich auf die Gene auswirken, die letztendlich untersucht werden.“ Richtig. Aber was ändert das an der Aussage der Studie?
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    Siehe oben.

    „Diesmal unter der Leitung von Maja Arendt, aber auch der Autor der ersten Studie, Erik Axelsson, war Mitglied des Forscherteams“ Erik ist der Professor in dieser Arbeitsgruppe und damit selbstverständlich ein Co-Autor dieser Publikation.
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    Ja, und? Wissen das alle Barfer, die weder die eine, noch die andere Studie gelesen haben? Es ist nicht jeder ein promovierter Verhaltensbiologe. Dieser Blog richtet sich an ganz normale Barfer und wer nutzt schon solche Studien als Bettlektüre…?

  11. Nadine Wolf sagt:

    „Das muss man ihm hoch anrechnen, schließlich neigen Wissenschaftler sonst gern dazu, Erkenntnisse, die ältere Veröffentlichungen relativieren, nicht unbedingt zu publizieren.“ Äh, ne. Das wäre keine „good scientific practice“ zu der sich jeder Wissenschaftler verpflichten sollte. Für Gegenbeispiele bin ich gern offen.
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    Leider nicht. Gegenbeispiel: Perdue Studie zum Thema Magendrehungen beim Hund. Nachdem man dort einige üble Fehler (á la Korrelation ist nicht Kausalität) fand, verschwand die Studie in der Versenkung. Eine Richtigstellung hatte es nie gegeben.

    „Wer gibt schon gern öffentlich zu, falsch gelegen zu haben?“
    Ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommem, dass die Ergebnisse der ersten Studie falsch lagen? Die zweite Studie ist eine Spezifizierung der Ergebnisse der ersten Studie. So der heutige Kenntnisstand. Bis in irgendeiner Studie eventuell andere Ergebnisse erzielt werden und somit die Hypothese/ Theorie überdacht werden muss. So funktioniert Wissenschaft. In der Wissenschaft gibt es keinen Wahrheitsanspruch (im Gegensatz zu irgendwelchen Ernährungs- oder Trainingsphilosophien).
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    Warum wohl habe ich diesen Blogartikel geschrieben? Die erste Studie wurde vielfach missbraucht, um die Kohlenhydratmengen von etwa 50 % im Futter für ALLE Hunde zu rechtfertigen, vermutlich aus Gewinnerzielungsabsichten. Kaum ein Hundehalter hat die Studie überhaupt gelesen. Seitdem wird immer wieder damit argumentiert. Mit Hilfe dieser Studie wurde überall verbreitet, dass JEDER Hund besser an die Stärkeverdauung angepasst sei, als Wölfe allgemein. Und das war auch das Ergebnis der ersten Studie und genau das wurde u.a. in der zweiten relativiert. Nur hatte niemand ein Interesse daran, darüber zu berichten und eine abgeänderte Handlungsempfehlung zu geben. Die aus der ersten Untersuchung resultierende Fütterungsempfehlung war: Jeder Hund ist in der Lage, große Mengen an Kohlenhydraten zu verdauen, also füttert bitte 50 % Kohlenhydrate, am besten Trockenfutter xy… Und auch wenn das überhaupt gar nicht Untersuchungsgegenstand war, so war genau das, der Zweck für den die Studie verwendet wurde. Es muss doch klar sein, dass es in einem Hundeblog nicht um Wissenschaft geht. Es geht darum, den Lesern zu zeigen, dass es auch andere Untersuchungsergebnisse gibt – etwas, was eben von den Getreidemassenbefürwortern versäumt wurde. Nun wissen es einige und wenn man selbst Autorin ist, weiß man, dass es wichtig ist, für einen Artikel eine Überschrift zu wählen, die „catchy“ ist, nicht wahr?

  12. Anonym sagt:

    Liebe Nadine,

    Weißt du vielleicht, ob eine geringe Anzahl von Genen zur Stärkeverdauung bei gleichzeitiger Fütterung von Kohlenhydraten erhöhte Leberwerte und gelblichen Kot verursachen kann?

    Seit wir vor einem Jahr unsere Hündin bekommen haben, laufen wir von Tierarzt zu Tierarzt – Pankreas ist in Ordnung und Ultraschall ebenfalls unauffällig. Trotzdem sind AST und ALT bei jeder Blutuntersuchung erhöht.

    Liebe Grüße von Sara, die sehr auf eine Antwort hofft…

  13. Nadine Wolf sagt:

    Liebe Sara,

    ich würde mal die Leber genauer untersuchen lassen und die Gallsenäuren im Kot. Wenn das Pankreas OK ist, führten oftmals Leber- oder Gallenprobleme zu gelbem Kot. Lebererkrankungen können vielfältige Ursachen haben. Ich denke eher nicht, dass das etwas mit Genen zur Stärkeverdauung zu tun hat.

    LG, Nadine

  14. Anonym sagt:

    Nur weil wir zur der Zeit Jäger und Sammler waren, heißt das nicht das wir nur WENIG Kohlenhydrate zur verfügung hatten … wir nutzen diese ja auch heute noch aus dem besonderem vorteil das man diese in ihrer Urform gut Lagern/sammeln/horten ….etc. kann.

  15. Nadine Wolf sagt:

    Welche Kohlenhydratquellen standen denn zum Zeitpunkt (Zeitraum) der Domestikation des Hundes zur Verfügung? Also wie konnte man als Mensch damals seine Nahrung so gestalten, dass man an die Mengen herankam, die heute so verzehrt und auch teilweise Hunden gegeben werden (50-70 % Kohlenhydrate in der Nahrung)?

  16. Anonym sagt:

    Liebe Nadine,

    vielen Dank für diesen großartigen Artikel! Ich habe selber einiges über diese Studie gelesen und mich gewundert – genauso wie du es beschreibst verwenden viele Leute sie als Referenz, um dieses oder jenes zu begrüngen. Die eigentliche Studie habe ich natürlich nicht gelesen, auch wie du gesagt hast. Ich bin ein eher Kritischer Mensch und dachte mir, wer weiß, wer diese Studie wieso gemacht hat und ob sie auch zu wahren Erkenntnissen kam.

    Danke auch für das nette Beantworten diverser Kommentare (zB Hundeprofil riecht schwer nach Mansplaining), manche Leute müssen einfach immer alles besser wissen, absichtlich falsch interpretieren oder schlecht machen, ich hätte nicht diese Ruhe wie du!

    Bitte weiter so, liebe Grüße, Lisa

  17. Oliver Blume sagt:

    Vor 12000 Jahren hat der Mensch mit Ackerbau begonnen, er hat Tiere gehalten und ist zur Jagd gegangen.
    Es wird suggeriert das die Menschen aufeinmal kein Fleisch mehr gegessen haben. Natürlich haben Hunde das bekommen was übrig blieb. Innereien, Schlachtabfälle oder Fleisch was wir selber nicht mehr essen wollten oder konnten. Gehen wir jetzt rüber zum Mittelalter. Wer hat Hunde gehalten. Der Adel, Bauern, Schäfer, bestimmt nicht ein Stadtbewohner der damit Gassi gegangen ist. Der konnte sich ein Hund schlicht nicht leisten. Beim Adel gab es meist von der Jagd Schlachtabfälle, genauso bei größeren Bauern oder Bei Viehhirten. Ein einfacher Bauer oder Gehilfe in der Landwirtschaft konnte sich oftmals noch nichtmals eine Kuh leisten und hatte Schwierigkeiten seine Familie über den Winter zubringen. Da wird er nichtmals sein Brot mit einem Hund teilen können. Die ganze Anpassungstheorie hinkt. Der Hund ist ein Fleischfresser, auch ein Wolf frisst Beeren oder auch einen Apfel gelegentlich und frisst den vorverdauten Inhalt des Magens seiner Beute. Das macht ihm nicht zum Vegetarier. Ein Wolf würde auch vorgekochte mit Öl angereichertes Gemüse fressen. Ähnlich wie wir, wir sagen oft auch lecker, obwohl nicht gesund.
    Die ganze Diskussion wäre dann ok, wenn wir sagen würden wir sind seit 12000 Jahren vegan und der Hund hat sich unseren Leben angepasst.

  18. Tanja Burggraf-Kühl sagt:

    Hallo Nadine,
    gebe meinen Hunden auch Fett als Energiequelle.
    Habe aber mal im Barf Rechner Adult Kohlenhydrate mit angegeben.
    War davon ausgegangen dass sich dann der Anteil an zusätzlichen Fett reduzieren müsste.
    Aber der Plan zeigte die gleiche Fettmenge an wie ohne Kohlenhydrate. 🤔
    Das kann doch eigentlich nicht stimmen?

    • Nadine Wolf sagt:

      Das liegt daran, dass die Menge an Getreide bei BARF so niedrig ist. Es sind insgesamt 12 % der Ration und die Menge bezieht sich dann auch noch auf bereits gekochtes Getreide. Bei einem 30 kg Hund wären das z. B. 70 g gekochter Reis am Tag. Das liefert unter 100 kcal. Tatsächlich ist es eigentlich so, dass man die Fettmenge bei Rationen mit Getreide sogar noch erhöhen müsste. Eine BARF-Ration ohne Getreide liefert mehr Kalorien pro kg als eine BARF-Ration mit Getreide. Das liegt daran, dass Getreide weniger Kalorien hat als Fett und man mit dem Getreide in der Ration den tierischen Anteil reduziert, der eben die Energieversorgung sicherstellt.

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